WINDOWS 95 - ERFAHRUNGSBERICHT von The Real Adok Sicherlich habt ihr schon von Windows 95, dem neuen, genialen, bombastischen usw. Betriebssystem geh”rt. (Wer hat denn davon noch nicht geh”rt?) Viele, wenn nicht gar alle Mags haben von Win 95 berichtet. Doch die meisten waren negativ eingestellt und hatten das BS gar nicht ausprobiert, sie beriefen sich nur auf Gerchte. Deshalb habe ich mir mal die Disketten-Version von Windows 95 gekauft und auf meinem Pentium 100 mit 32 MB RAM und zwei Festplatten zu je 500 MB in- stalliert. Ich m”chte euch nun von meinen Erfahrungen berichten. >>>> Installation <<<< Bei mir lief die Installation reibungslos ab. Negativ ist mir nur aufgefallen, daá auf eine der Disketten Schreibzugriffe erfolgen. Ich wollte deshalb vorher eine Sicherheitskopie dieser einen Diskette erstellen, doch leider wurde dies durch ein exotisches Format (1,7 MB) verhindert. Sinnigerweise ist auch nur diese eine Diskette auf 1,7 MB formatiert. Beim ersten Start hing sich das System jedoch auf. Ich probierte es noch einige Male, doch jedesmal gab es einen Absturz. Es funktionierte nicht einmal mit der Startdiskette, die w„hrend der Installation erzeugt wurde! Nach langem Probieren gelang es dann meinem Vater, den Absturz zu verhindern. Der Compi meldete, daá es irgendwelche Konflikte mit der Hardware gebe und er deshalb im Safe Mode booten msse. Jedenfalls funktionierte dann alles. Es gab sp„ter noch mehrere Probleme. Beispielsweise wollte ich meinen Drucker (HP Deskjet 500C) installieren. Ich w„hlte den passenden Treiber, der auf einer der Installationsdisketten beilag, aus. Als ich dann unter WinWord einen Text ausdrucken wollte, funktionierte es nicht! Ich probierte lange herum, was der Fehler war. Schlieálich stellte ich fest, daá ich einen weiteren Bug in Win 95 entdeckt habe: Der D”skopf von Drucker-Assistent (so nennt sich das Drucker-Install-Proggy) installiert, wenn man HP Deskjet 500C angibt, nicht den richtigen Treiber, sondern den Treiber vom HP Deskjet 560C! Und dieser ist leider nicht mehr mit den Vorg„ngermodellen kompatibel. Also blieb mir nichts anderes brig, als den Treiber des HP Deskjet 500 (ohne C) zu installieren. Diesmal wurde der richtige installiert! Jetzt kann ich zwar nicht in Farbe, aber wenigstens berhaupt drucken. Aber von den von mir entdeckten Windows-95-Bugs habe ich ja schon frher einmal in einem anderen Mag berichtet. Nun m”chte ich auch die positiven Punkte des neuen BS erw„hnen. >>>> Booten <<<< Das Booten des PCs dauert eine ganze Weile, obwohl er ein P5-100 ist. Das liegt wahrscheinlich daran, daá Win 95 den Computer nach neuen Hardware- komponenten durchsucht. Anschlieáend gelangt man in das neue Desktop. Es ist jetzt im Gegensatz zum alten Programm-Manager fast leer. Anstelle des Programm-Managers kann man auf der Task-Leiste ein sogenanntes Start-Men auf- rufen. Dort kann man den Computer "herunterfahren" (vor dem Ausschalten unbedingt durchfhren!), die Systemeinstellungen ver„ndern oder, wie beim alten Programm-Manager, die Programme starten. Programme und Programmgruppen lassen sich zwar nicht mehr so leicht ins Men einfgen bzw. aus dem Men ent- fernen, aber daran werden wir uns wohl oder bel gew”hnen mssen. Es gibt ja auch einen Befehl, mit dem man den alten Programm-Manager starten kann. >>>> Explorer <<<< Der neue Datei-Manager heiát jetzt Explorer. Er ist aber immer noch nicht so flexibel wie der Norton Commander, weshalb man seinen liebgewonnenen NC immer noch einsetzt. Der NC hat nur den einen Nachteil, daá er keine langen Datei- namen verarbeiten kann. Ich habe aber geh”rt, daá bald eine Windows-95-Version vom NC erscheinen wird, bei dem dieser Mangel behoben sein wird. Zus„tzlich gibt es noch einen zweiten, primitiven Datei-Manager namens "Arbeitsplatz", der wegen seiner groáen Symbole dem Programm-Manager „hnelt. Mit diesem kann man auch Disketten kopieren, prfen und formatieren. Also sind in Windows 95 im Grunde genommen alle DOS-Funktionen integriert, nur muá man sie erst finden! >>>> Eingabehilfen <<<< Die Joystick-Kalibrierung wird jetzt vom Betriebssystem bernommen. Alle Win- 95-Spiele, die Joysticksteuerung untersttzen, k”nnen die ben”tigten Werte einfach "ablesen". Daher gibt es bei Win-95-Programmen so gut wie keine Pro- bleme mit der Joystick-Kalibrierung. Ich finde es auch gut, daá sich die Maus durch die Tastatur emulieren l„át. >>>> Zubeh”r <<<< Wie bei Windows 3.x, liegen auch Windows 95 eine Reihe von Zusatzprogrammen bei. Ich m”chte hier einige aufz„hlen. - WordPad: So heiát der Nachfolge des Textverarbeitungsprogramms Write. Das neue Programm ist nun auch in der Lage, lange Dateinamen zu verarbeiten. Auáerdem lassen sich auch DOC-Dateien, die mit Microsoft Word fr Windows ab Version 6.0 erstellt wurden, laden und speichern. Leider kennt WordPad (natrlich) nicht alle Formatierungen von WinWord. Falls das Proggy beim Einlesen einer DOC-Datei also eine ihm unbekannte Formatierung entdeckt, so wird diese einfach ignoriert. Speichert man die eingelesene Datei dann ab, so werden die ignorierten Formatierungen auch nicht mitabgespeichert! Trotz- dem finde ich es praktisch, daá WordPad auch DOC-Dateien verarbeiten kann. So entf„llt wenigstens das l„stige Konvertieren. - Paint: Dies ist der Nachfolger von Paintbrush. Paintbrush war ohnehin schon fr kleinere Zeichnungen, die schnell "nebenbei" erledigt werden muáten, sehr gut geeignet. Mit Paint beseitigten die Programmierer nun die aller- letzten kleinen Fehler. Am unteren Bildschirmrand wird jetzt auch die Position des Mauscursors angezeigt. Dies ist besonders gut fr genaue Zeichnungen, beispielsweise fr Auswahlmens. Auáerdem wurde die "Rck- g„ngig"-Option verbessert. Ein Hauptmanko von Paintbrush war es n„mlich, daá rckg„ngig gemachte Schritte nicht mehr wiederhergestellt, und so mhsame Arbeit schnell zunichte machen konnten. Nun gibt es auch eine "Wiederher- stellen"-Option. Die "Rckg„ngig"-Option kann jetzt, „hnlich wie in WinWord, bis zu 100 Schritte aufzeichnen, was dann aber auch auf Kosten des Speicher- platzes geht. - Die gr”áte šberraschung war jedoch der MS-DOS-Editor, Version 2.0! An- scheinend hatte Microsoft auch die absoluten DOS-Fanatiker nicht vergessen und eine neue Version dieses praktischen ASCII-Editors herausgebracht. Wie auch in der Vorg„ngerversion wurde auf eine Windows-Oberfl„che verzichtet. Das Programm l„uft auch unter reinem DOS. Allerdings wurde fr den neuen MS- DOS-Editor diesmal nicht die Oberfl„che von QBasic, sondern die von Quick C bernommen. Sie ist noch um einiges flexibler als ihre Vorg„ngerin. Es lassen sich jetzt auch mehrere Texte gleichzeitig laden. Diese werden dann in mehreren Fenstern abgelegt - Windowing pur, aber unter DOS! Die Online- Hilfe hat sich leider verschlechtert. Sie ist jetzt ziemlich kurz und bein- haltet nur die wichtigsten Befehle stichwortartig zusammengefaát. Der neue MS-DOS-Editor l„át sich nun auch ohne QBasic betreiben. Grund zur Freude fr die Anwender! Die Programmierer haben jetzt allerdings das Nach- sehen, weil Windows 95 KEINE Programmiersprache beiliegt. Damit w„ren wir wieder beim n„chsten Punkt angelangt... >>>> Prospen <<<< Bis jetzt gibt es noch nicht so viele Programmiersprachen fr Windows 95. Es gibt erst Microsoft Visual C++ 4.0 und Visual Basic 4.0. Borland hat aber auch angekndigt, "sein" C++ und Delphi zu portieren. Bis auf Borland C++ sind alle der oben genannten Programmiersprachen keine richtigen Sprachen, sondern "Bauk„sten". Darunter versteht man eine visuelle Entwicklungsumgebung, in der man sein Programm „hnlich wie in einem Mal- programm entwerfen kann. Die meisten Bestandteile (Mens, Buttons etc.) sind schon vorprogrammiert. šber solche Bauk„sten kann man geteilter Meinung sein. Einerseits k”nnen auch Anf„nger mit wenig Aufwand professionell aussehende Programme erstellen. Ob diese aber wirklich professionell sind, ist wieder eine andere Frage. Auáerdem: Wer nur eine solche "Programmiersprache" beherrscht, versteht im Grunde genommen berhaupt nichts von der "wahren" Programmierung. Und "Coder alter Pr„gung" werden sich wahrscheinlich schnell langweilen, weil das Pro- grammieren mit "Bauk„sten" fr sie keine Herausforderung darstellt. Eigentlich sind ja die "wahren Programmierer" diejenigen, die ausschlieálich in ASM programmieren. Aber wer tut das schon? Selbst Democoder verwenden zus„tzlich auch Pascal! Auáerdem w„re die Windows-Programmierung mit Assembler wohl ein klein wenig kompliziert... :-). Aus Microsofts Taktik, nur mehr "Bauk„sten" anzubieten, l„át sich folgendes schlieáen: Windows 95 ist ein BS, das praktisch "alles" bernimmt. Die Aufgabe der Programmierer ist nur, ihm die Befehle zu geben, was es tun soll. System- nahe Programmierung ist damit praktisch unm”glich! Und wenn es mal systemnah wird, dann bricht Win 95 das Programm mit der Fehlermeldung "Unzul„ssiger Befehlsaufruf" ab. Windows 95 ist also sozusagen ein "Schutzschild", innerhalb dessen man sich frei bewegen kann. Auáerhalb jedoch nicht, und die Grenzen (vor allem die der Geschwindigkeit, weil Bauk„sten im Grunde genommen nur Interpreter sind; fr selbstlaufende Proggys braucht man Run-Time-Module, die ja auch nichts anderes als Interpreter sind) sind schnell erreicht. Hoffen wir, daá wenigstens Borland C++ systemnahes Programmieren erlaubt! Doch auch BC wird nur schwer gegen das "Schutzschild" ankommen. >>>> Windows 95 in der Praxis <<<< Viele der alten DOS-Programme laufen nicht bzw. nicht einwandfrei. Zu den Be- troffenen z„hlen viele hardwarenahe Sachen, z.B. Scene-Demos oder Diskmags wie MicroCode 5, das sich verabschiedet und den Mauszeiger gleich mitnimmt. In den meisten F„llen lassen sich solche Programme durch den "Affengriff" gerade noch beenden. Einige Programme funktionieren (wenn sie es berhaupt tun) nur im DOS-Fenster oder, noch schlimmer, im DOS-Modus. Dazu muá man erst Windows 95 herunter- fahren und den Computer im DOS-Modus starten. Bei mir strzt der Computer immer ab, wenn man vom DOS-Modus in die Windows-95-Oberfl„che wechseln will. Wenn ein Programm abgestrzt ist, darf man zumindest bei mir keinen Reset durchfhren, denn denn strzt der Computer ganz ab. Man muá immer zuerst alles abdrehen (diejenigen, die keine Mehrfachsteckdose mit Schalter haben, mssen den Stecker 'rausziehen). Dann erst kann man den Computer neu booten. Dumm finde ich auch, daá sich auf einigen CDs eine Datei namens "autorun.inf" befindet. Diese veranlaát Win 95, ein bestimmtes Programm gleich beim Einlegen der CD zu starten. Falls die CD zerkratzt ist, mht sich der Compi vergeblich ab. Dauernd entstehen Fehlermeldungen (der CD-ROM-Treiber stammt brigens noch, wie viele andere Treiber, von DOS, denn die Fehlermeldungen werden im Vollbildmodus angezeigt), und man kann Windows nur mit Mhe herunterfahren. Dieses Beispiel zeigt, wie lahm das Multitasking ist. G„be es "echtes" Multi- tasking, so w„re es kein Problem, den Compi herunterzufahren, w„hrend der CD- ROM-Treiber sich vergeblich mit dem Starten der CD abmht. >>>> Fazit <<<< Fr den, der nur reine Win-95-Soft verwendet, ist Windows 95 ein geniales BS! Doch obwohl das BS den Proggys viel Arbeit abnimmt (z.B. bei der Joystick- kalibrierung), drft ihr keineswegs erwarten, daá die Programme endlich kleiner werden. Wer noch "veraltete" DOS-Programme verwendet (vor wenigen Jahren war DOS noch "ein BS der Spitzenklasse"), ist mit MS-DOS besser be- raten. (Warum eigentlich immer MS?) Oder man f„hrt einfach zweigleisig, so wie ich. Microsoft wirbt ja, daá es mit Windows 95 keine Speicherplatzprobleme g„be, weil die 640-KByte-Grenze aufgehoben sei. Das stimmt, trifft aber leider auch nur fr Win-95-Proggys zu! Bei DOS-Programmen gibt es noch immer die 640- KByte-Grenze. Da dummerweise viele Treiber in den konventionellen Speicher geladen werden (die meisten Treiber sind, wie gesagt, aus DOS bernommen worden), ist bei speicherintensiven Anwendungen immer zu wenig RAM frei. Abhilfe schafft hier nur der MS-DOS-Modus, doch dessen Nachteile habe ich schon weiter oben erw„hnt. Mark Oh ver”ffentlichte im Computer Flohmarkt einen interessanten Trick, der beweist, daá Windows 95 nichts anderes als das alte MS-DOS mit einer neuen Oberfl„che ist. Ersetzt einfach die COMMAND.COM durch einen anderen Kommando- interpreter, zum Beispiel 4DOS! Wenn ihr Windows 95 jetzt startet, gelangt ihr in die gute, alte DOS-Oberfl„che! Das heiát schlichthinweg, daá Win 95 eigentlich das alte DOS ist. Nur steht der Aufruf der Windows-Oberfl„che nun nicht in der AUTOEXEC.BAT, sondern in der COMMAND.COM. Warum dann die meisten DOS-Programme nicht mehr funktionieren, ist wieder eine andere Frage... >>>> Die Zukunft <<<< Warum heiát wohl das neue BS "Windows 95"? Weil es das Betriebssystem fr das Jahr 1995 war! Es ist auáerdem nur fr Heimanwender gedacht, professionelle Firmen benutzen Windows NT. Win 95 ist nur eine šbergangsl”sung - zu Windows NT 4.0 (warum nicht gleich Windows 97?), das die Technik von Win NT mit der Benutzeroberfl„che von Win 95 vereinen soll. Es soll schon 1997 auf den Markt kommen. Dieses Betriebssystem wird sicherlich genial werden! Doch auch zu Windows NT 4.0 wurde bereits ein Nachfolger angekndigt. Er nennt sich Cairo, soll ein reines 64-Bit-Betriebssystem (!) werden und noch einige Zusatzfunktionen beinhalten. Ich bin gespannt, wann der Nachfolger des Nach- folgers des Nachfolgers von Cairo erscheint... Wir sehen einander in der Zukunft. Euer The Real Adok.