Fritz Powerú der Super-User Eine fast wahre Geschichte aus dem Hardware-Alltag Einen PC hat doch fast jeder. Da ist es schwierigú aus der Masse heraus- zuragen. Aber es geht. Wie es bei den Autobesitzern stolze Eigentuemer eines tiefergelegtenú fuenffarbig metalliclackierten Spoilergeschosses auf breiten Niederquerschnittswalzen gibtú so finden sich bei den Bit-Freaks laengst die ersten Mega-User mit getunten Maschinen. Einer von ihnen ist Fritz Powerú der jede verfuegbare Mark in seinen blitz- blank polierten Traum-PC steckt. Es handelt sich dabei um einen vom Computer- Veredler Neid & Aufschneider (aus dem bayerischen Silicon Valley) zurecht- gemachten Turbo-Doppel-386erú zusammengestellt aus den erlesensten Einzel- teilen aller High-End-Fabrikate. In dem blau-metallischen Magnesiumgehaeuse (Frog-Designú Ulm) schwebt oelgedaempft ein achtlagiges Motherboard mit Platinauflage. Der Hauptprozessor besteht aus zwei V-foermig kombinierten 80386-ernú vom Tuning-Altmeister Peter Norton eigenhaendig unter dem Elektronenmikroskop zu einem 80686er zusammengeloetet. Der 64 Bit breite Bus kann seine Kraft nur dadurch auf die Datenstrasse bringenú dass das starke Megnetfeld eines miniaturisierten Protonenbeschleunigers (Micro-CERN) die Elektronenstroeme in die aluminiumgepanzerten Flachbandkabel zurueckdrueckt. Da der Prozessor nach Betaetigung des (aus Designgruenden riesengross geratenen) Turboknueppels am Keyboard mit annaehernd 80 Megahertz laeuftú ist bei Vollast von Fritz Powers PC Radioempfang in einem Umkreis von 200 Metern unmoeglich. Um die hohe Taktrate auszuhaltenú muss der vollgekapselte Doppelprozessor samt der angeflanschten obenliegenden RISC-Architektur mit fluessigem Helium gekuehlt werden. Das schraenkt die Transportabilitaet des Systems stark ein: Die gefriertruhengrosse Versorgungseinheit fuer die Edelgaskuehlung warú so Fritz Powerú aber nur am Anfang ein Problemú als er ausser seinem PC noch andere Moebel in seinem Zimmer stehen hatte. Die handverlesenen Speicherchips stehen wegen der enormen thermischen Belastung ohne das uebliche Plastikgehaeuse im Luftstrom (sog. Nude-SIMMs). Der kuehlende Wind wird von einer kleinen Rolls-Royce-Flugzeugturbine erzeugt; evtl. auftretende Geraeusche (im Schnitt 135 dB) werden muehelos uebertoent durch den 800-Watt-Linearverstaerker fuer den DOS-ueblichen Lautsprecherú hier allerdings in Drei-Wege-Ausfuehrung mit Klipsch-Hornú elektrostatischer Flaecheú doppeltem Bassreflex und Hochtonhyperbel. Seit Fritz Power den entstehenden Luftstrom durch zwei unheimlich scharf aussehende Frontspoiler an der Gehaeusevorderseite umleitetú muss er sich bei der Benutzung des Super-PC auch nicht mehr auf seinem Schreibtisch- Schalensitz festschnallen. 16-Megabyte schnellstes RAM waren dem Kenner aber jedes Opfer wert. Ein an die Zentraleinheit angeflanschter Laptop dient als MIPS-Meter und verfolgt ausserdem mit vier Benchmarkprogrammen automatisch die Leistung des Haupt-PC. Auf einem WORM-Laufwerk werden die entsprechenden Daten ein fuer allemal der Nachwelt erhalten. An der Wand von Fritzens PC-Stube haengen die Pruefprotokolle der erregendsten Sessions: Derzeitiger Rekord sind stolze 77 MIPS auf der Zielgeraden vom Sieb des Eratosthenes. Im vollgestopften Haupt-PC tun fuenf Diskettenlaufwerke aller Formate ihren Dienst. Prunkstueck ist ein Absurd-Density 3 1/2-Zoll-Bolideú der an die 10 MByte auf die teflonbeschichtete Titan-Disketten aus den Sony-Geheimlabors quetscht (AD-Disketten sind erkennbar am eingelassenen Diamanten auf dem Schreibschutzschieber). Die 1800-MByte-Festplatte im kohlefaserverstaerkten Epoxidharzgewand wird ueber ein eigenes Notstromaggregat versorgtú da sie nicht abgeschaltet werden darf: Abgesehen von entstehenden Bremsspuren des tiefergelegten Schreib/Lesekopfes auf einer optimierten Raumlenkerachse braeuchte Powers Edelspeicher eine gute Stunde zum Hochfahren. So toent Tag und Nacht der suendhaft teure Gigabytesound durchs Haus - fuer Speicherplatz- Gourmets natuerlich reine Musik in den Ohren. Betriebssystem ist eine Vorab-Version von OS/3ú die erforderlichen BIOS-ROMs sind von Bill Gates handsigniert (Neider behauptenú die Unterschrift sei von Jim Button gefaelscht). Die meterbreite Tastaturú handgefraest aus einem einzigen Stueck kalifornischen Walnusswurzelholzesú praesentiert sich allein durch fuenf Reihen Sonderfunktionstasten mit hintergrundbeleuchteten Miniplasmadisplays als wuerdiges Cockpit fuer einen Power-PC der fuenften Generation. Eindrucksvoll fuer Besucher ist vor allem der 26-Zoll breite Farbmonitor (Typ TotalSync) der mehr als flach ist: Zum ersten Mal in der PC-Geschichte ist er nach innen gewoelbt. Mit 300 Hertz und 3000*3000 Pixeln ist er dabei so flimmerfrei und hochaufloesendú dass er von Augenaerzten als Therapie verschrieben wird (allerdings erstatten nur ausgewaehlte Privatkassen die Kosten). Die zugehoerige Grafikkarteú eine leicht modifizierte Hauptplatine eines Macintosh IIcxú bringt mit 68040ú Coprozessor und mehreren MByte RAM die 256 Millionen verschiedenen Farben ertraeglich flink auf die Bildroehre. Um die Schoeheit dieses Adapters zu zeigenú werden vom Betriebssystem alle Programme mit einem animierten Regenbogen voller subtiler Farbverlaeufe hinterlegt. Und damit Fritz Power angesichts der enorm schnell wechselnden Modetrends bei den Grafikkarten mithalten kannú ist der EISA-Kanal in Form eines Schnellwechselmagazins nach aussen gefuehrt. So kann mitten unterm laufenden Programm der Grafikstandard gewechselt werden. Tempo ist alles. Angefangen hatte Fritz mit einem 96-Nadel-Druckerú liebevoll aus zwei 48-Nadlern kombiniert und wegen des aeusseren Erscheinungsbildes mit zehn in Reihe geschalteten Einzelblatteinzuegen versehen. Aber trotz des satten Druckgeraeuschs konnte er mit dem Ergebnis einfach nicht mehr genug Eindruck schinden. Nun steht da ein Quattrocolor-Satzbelichter mit Vierfarbantrieb in Geldscheinqualitaet mit ueber 5000 DPIú eingebautem CD-ROM-Laufwerk mit allen Schriften der Erde und einem feingetunten Postscript-Clone namens Gardrobe. Der zugehoerige Raster-Image-Prozessor (RIP) ruht in Frieden in einem todschicken Towergehaeuseú via Glasfaserstraengen ueber ein Ethernet angesteuert. Bei komplizierten Grafikberechnungen wird selbsttaetig die Cray der Herstellerfirma ueber DFUe hinzigeschaltet. Das zugehoerige (leider von der Post nicht zugelassene) Modem mit 128 KBaud faellt derzeit noch dadurch unangenehm aufú dass bei Betrieb im gesamten Haeuserblock die Telefone zu laeuten beginnen. Trotzdemú zufrieden ist Fritz Power mit seinem Drucker nicht. Die nahezu lautlose Maschine macht bei Vorfuehrungen einfach nichts her. Und die Software? Nunú wie jeder Pionier des Fortschritts hat auch Fritz Power ein nostalgisches Eckchen in seiner Seeleú in dem die Macht der Gewohnheit residiert. Das einzige Programmú das er auf seinem Hardwareprunkstueck faehrt (in der OS/2 compatibility box des OS/3ú in der wiederum die MS-DOS compatibility box laeuft)ú ist Wordstar 1.0 mit Mailmerge. Dass der Drucker die deutschen Umlaute nicht aufs Papier bringtú stoert den stolzen Besitzer der Anlage wenig: ''Die ae-ú oe- und ue-Puenktchen male ich halt von Hand drueber. Das gibt der ganzen Technik doch noch eine persoenlicheú menschliche Note.''