<p align=center> Kindlicher Wissensdurst, erwachsene Schadenfreude oder der lüsterne Blick in Lexika </p> Der Teutone an sich ist gern brachial, so nennt er auch, was dem Lateiner schlicht das Lexikon, also ein Wörterbuch, ist: Nachschlagewerk. Von definitorischer Faust niedergestreckt, liegen darin die toten Begriffe aufgebahrt. Zu allem und jedem gibt's was nachzuschlagen. Da ist das Rocklexikon, hier das Wörterbuch der Bayerischen Geschlechtskrankheiten. Wem nach universellem Bescheidwissen dürstet, für den hält der Handel Brockhaus und Meyer bereit, bekannt geworden hauptsächlich durch die enzyklopädischen Ratenzahlungen. Bescheidener geht's im Telefonbuch zu, dem Nachschlagewerk des Mittelschülers. Doch ob Hundelexikon, ob Rechtschreib-Duden, der erste Akt am just erstandenen Werk ist bei allen der gleiche.

Lüstern blättert der Teutone bis zum Buchstaben "F" und schaut nach - na was wohl - ob das Wort "Ficken" auch ordnungsgemäß vermerkt wurde. Grinsend liest er laut der Gattin vor, wenn der prüde Duden schreibt: "derb, für koitieren". Nühühahaha, was sind das doch für kleine Schweinchen da unten in Mannheim. Sabbernd stellt sich unser Freund das niedliche Duden-Mäuschen vor, das den Eintrag "Ficken" ins Glossar eintippte. Und nur der jähe Blick auf die dumpfe Gattin bremst die spontane Erektion. Noch finsterer wird's, wenn beim Erscheinen des neuen Örtlichen begierig nach den armen Schweinen gefahndet wird, die ein Leben lang den üblen Namen tragen müssen. Und findet sich kein "Ficker, Komma, Herbert, Birkhuhnweg 8", den man unbekannterweise hämisch bedauern kann, so wird noch hinter jedem "Eickmeyer" übles Gelichter vermutet, das sich den unteren Strich am großen "E" für viel Geld gekauft haben muß.

Selbst das dröge lateinische Taschenwörterbuch entgeht nicht der gründelnden Suche nach dem Zauberwort des wohligen Erschauerns. Doch, ach und weh, was müssen wir da entdecken zwischen "Fichtenwald" und "Fieber"? Nichts! Ein gähnendes Nichts! Langenscheidt, du Verräter! Eilig wird nach dem guten alten Diercke-Atlas gefingert! Wieder nichts! Tote Hose zwischen Fichtelgebirge und Fidschi-Inseln. Das gibt's doch nicht. Irgendwo wird's doch wenigstens ein halbwegs versautes Kaff geben. Gott sei Dank: Fickburg in Südafrika! Im Index schamhaft verschwiegen. Was sagt denn der Brockhaus, die zugeknöpfte Sau. Fichtel und Sachs AG, Fichtelnadelextrakt, aha - haha! "Ficken", mhd., vicken soso, ich ficke, nühühaha, 1. oderdt. fahre hin und her, wie bitte?!, 2. peitsche, züchtige, nun ja wenn's paßt, 3. stecke in die Tasche, Blödsinn!, 4. habe Geschlechtsverkehr. Na also, warum nicht gleich so. Auf die Standardwerke ist eben noch Verlaß.

In jedem billigen Pornoblatt am Kiosk kann der normale Bekloppte das Wort der Begierde tausendfach für wenig Geld in sich aufsaugen, doch nichts gleicht der Lust, einen "Konrad Ficker" im Telefonbuch entlarvt zu haben oder die zugeknöpften Rechthaber der Dudenredaktion beim Blick in den Schritt zu überraschen. Harmlose Freuden der Menschen.
..aus Dietmar Wischmeyers Logbuch: "Eine Reise durch das Land der Bekloppten und Bescheuerten"