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INTERNET - Möglichkeiten und Dienste
Prof. Jürgen Plate |
6 Internet-Technik
In diesem Kapitel gehe ich etwas genauer auf die Technik ein, die hinter dem
Internet steckt.
Die Verbindung von Rechnern miteinander ist kein Problem mehr. Innerhalb eines
Gebäudes nimmt man Kabelverbindungen (Ethernet, Token Ring etc.), für
weiter reichende Verbindungen gibt es Modems, Datex-P, ISDN oder Standleitungen.
Diese Verbindungen haben aber alle eine unterschiedliche Software-Schnittstelle.
Genau um dies zu vermeiden wird im Internet das TCP/IP-Protokoll (Transmission
Control Protocol/Internet Protocol) verwendet. Es ist:
- Unabhängig von der darunterliegenden physischen Netzhardware,
- netzweit einheitliche Adressen,
- einheitliche, geschlossene Programmierschnittstelle,
- standardisierte Protokolle für die Netzwerkdienste,
- unabhängig von Herstellern.
Um die Entwicklung und das Verständnis
von Rechnernetzen zu erleichtem, hat die ISO ein Modell für
Rechnernetze entwickelt, das OSI-Referenzmodell. Dieses Modell teilt
den Datenverkehr über ein Rechnernetz in sieben
übereinanderliegende Schichten ein, die einander zuarbeiten
und jede für sich eine bestimmte Abstraktionsebene kennzeichnen.
Wenn Daten zwischen zwei Rechnern übertragen werden, erscheint
es im Denkmodell so, als würden zwei gleiche Schichten
auf verschiedenen Rechnern miteinander kommunizieren. Die Details der
darunterliegenden Ebenen werden vor den darüberliegenden
Schichten verborgen.
Beispielsweise ist es die Aufgabe einer Schicht, eine fehlerfreie Verbindung
zwischen zwei benachbarten Netzknoten zur Verfügung zu stellen. Das
bedeutet, daß die darüberliegende Schicht sich mit den Details der
Datenübertragung zwischen zwei Maschinen nicht mehr zu befassen hat.
Sie kann mit der gleichen Schicht der Gegenstelle kommunizieren, ohne sich um
Einzelheiten der Datenübertragung und möglicherweise auftretende Fehler
kümmem zu müssen. In Wirklichkeit besteht jedoch die einzige Verbindung
zwischen zwei Rechnern immer nur auf der Ebene 1, der physikalischen Schicht.
Wenn Daten zu senden sind, werden sie von einer Schicht zur jeweils darunterliegenden
Schicht weitergereicht. Damit die einzelnen Schichten voneinander unabhängig sind,
müssen die Schnittstellen zwischen den Schichten natürlich bekannt und
definiert sein (Wartbarkeit, Fehlersuche). Auch TCP/IP hat einen schichtweisen
Aufbau, auch wenn es nicht so stark unterteilt ist wie das OSI-Modell;
üblicherweise unterscheidet man vier Schichten. Die Grundlage bildet auch
hier die Netzwerkschicht, deren Aufgabe der eigentliche Datentransport
ist. Im Gegensatz zu anderen ist TCP/IP kein Netzwerkprotokoll, das die Hardware
direkt ansteuert, denn die Aufgabe von TCP/lP ist es ja gerade, die Verwendung
solcher Netzwerke zu vereinheitlichen. TCP/IP-Daten werden über ein vorhandenes
Trägernetz übertragen, etwa Ethernet, X.25 oder per PPP über Modems.
Im OSI-Modell deckt die Netzwerkschicht normalerweise die Hardwareschichten 1 und 2 ab.
Mehr über die Protokolle des Internet, ihre Funktionsweise und die
technischen Hintergründe sind im
Skript Computernetze
zu finden. Wichtig sind hier vor allem die beiden Kapitel:
6.2 TCP/IP
6.3 Höhere Protokolle
Man müßte Wahrsager sein, um in einer turbulenten Zeit, wie
sich die vergangenen Jahre präsentierten, Voraussagen mit hoher
Trefferquote machen zu können. Dennoch und gerade zum Milleniumswechsel
drängen sich Zukunftsfragen in besonderem Maße auf.
Das neue Internet-Protocol (IPv6)
Nachdem der Ansturm auf das Netz ungebremst weitergeht und, wie Sie inzwischen
wissen, jeder Rechner seine individuelle IP-Adresse haben muß, drohen
- wie schon erwähnt - langsam die IP-Nummern zur Neige zu gehen. Eigentlich
stehen noch genügend Nummernkreise zur Verfügung, jedoch sind diese
in festen Händen. Als die Nutzerzahl im Internet noch relativ gering war,
ist man oft zu verschwenderisch mit den IP-Adressen umgegangen, beispielsweise um
das Routing zu vereinfachen. Inzwischen werden die C-Netze noch in kleinere
Unternetze aufgeteilt, um möglichst ökonomisch mit den Adressen umzugehen.
Aber man macht sich bereits Gedanken über neue Formen der Kommunikation und
über neue Adressierung im Internet. Mit der kommenden Version IPv6 stehen
128 Bit für die IP-Nummern zur Verfügung und das ist mehr als genug.
Je mehr Teilnetze eingebunden werden, desto umfangreicher werden auch die
Informationen, die von den Knotenstationen, den Routern, verarbeitet
werden müssen. Bei jedem Datenpaket muß ein Router
entscheiden, wohin das Datenpaket weitergeschickt werden soll. Je
größer die Routingtabellen werden, desto schneller muß
die Hardware im Router sein. IPv6 wird auch hier für Abhilfe sorgen.
Jeder Internet-Provider bekommt eine feste
Teiladresse, in etwa vergleichbar mit der Vorwahl eines Landes oder
einer Stadt. Damit müssen den Routern nicht mehr alle Teilnetze
bekannt sein, sondern nur noch die Präfixe. Mit einem
vergleichbaren Verfahren arbeitet man übrigens heute schon, um
die Routingtabellen auf ein erträgliches Maß zu begrenzen.
IPv6 schafft die Grundvorausetzung dafür, daß Mitteilungen, Bilder, Videos
oder Zahlungsströme über die Grenzen der unterschiedlichen Betriebssysteme
und Hardwaresysteme hinweg transportiert werden können. Doch wesentliche
Anforderungen an ein zeitgerechtes Protokoll, können vom derzeitigen IP
nicht erfüllt werden:
- ein Adressraum für den gesamten Globus
- nachvollziehbare (feste) Adresse jedes Teilnehmers
- Verschlüsselung der übertragenen Daten
- rechtzeitige Zustellung zeitkritscher Informationen
(On-Demand-Dienste, Telefonie, ...)
- Einsetzbarkeit auch in Funknetzen und Satellitennetzen.
Nicht jede dieser Forderungen an eine neues Protokoll bleibt
unwidersprochen. Die starke kryptografische Verschlüsselung ist den
"Sicherheitsdiensten" ein Dorn im Auge. Die nachvollziehbare (feste)
Adresse jedes Teilnehmers am Internet scheint eine notwendige Einrichtung,
wenn sich Dienste wie Internettelefonie etablieren wollen, stört aber die
Datenschützer.
Kein Engpaß an Bandbreiten
Für die Beschreibung von Kommunikationsmedien kann man drei zentrale Parameter
verwenden: Die Bandbreite, also die Anzahl der pro Sekunde übertragenen Bits,
die Entfernung, die mit der Leitung überbrückt werden kann,
die Ausbreitungsgeschwindigkeit der Daten in der Leitung. Bei einer
Verbindung im Internet durchlaufen die Daten in der Regel mehrere
Router und zwischen diesen Routern gibt es Leitungen mit ganz
unterschiedlicher Bandbreite und Netzlast (wenn sich mehrere
Verbindungen eine Leitung teilen, sinkt natürlich die
Übertragungsrate für jede einzelne Verbindung). Den
'Flaschenhals' bildet dabei immer die Verbindung mit niedrigster
Bandbreite. Manche kleine Provider sind beispielsweise über ISDN
(128000 Bit/s) angebunden. Wenn dort einige Benutzer größere
Dateien per FTP holen, ist die Verbindung schnell 'dicht'. Üblich
sind heute Verbindungen zwischen Provider und 'Überprovider' mit
1 oder 2 MBit/s, manchmal auch 4 MBit/s. Letztere habe dann meist
eine dicke Leitungen mit 34 MBit/s. Mit Glasfasertechnik sind derzeit
Leitungen im GBit-Bereich (1 GBit = 1 Giga-Bit" = 1000 MBit/s) möglich,
wobei höhere Raten in den kommenden Jahren sehr wahrscheinlich sind.
Das zukünftige Internet ist multimedial. Videoströme, Animationen,
Photos und Audiodokumente gehören zum guten Ton eines Web-zentrierten
Informationsagebotes. Daß zur Übertragung von Bewegtbildern entsprechende
Bandbreiten benötigt werden, die sich um das Vielfache dessen bewegen, was "nackte
Texte" beanspruchen, ist hinlänglich bekannt. Zitat (1998):
"A couple of years ago, 34 Mbit/s would have been the standard for
city-tocity links. Now, it is 155 Mbit/s and in a five years it will be
10 Gbit/s."
Die Telekommunikationsindustrie hat mehr zu bieten, als sie derzeit auf den
Markt bringt. Potentiellen Anbieter sind beispielsweise:
- Bahnbetreiber (Lokal- Fern- und Untergrundbahnen),
- Energieversorger (Elektrizität, Öl und Gas),
- Kabelbetreiber,
- klassischen Telekommunikationsunternehmen und
- Wasser- und Abwasserunternehmen
Datenkompression: hohe Qualität bei sinkendem Bedarf an Bandbreite
Die Aussendung von Audio- und/oder Videosignalen (z. B. Radio-/Fernsehprogramme)
über Internet bedarf wegen der erforderlichen hohen Bandbreite und geringen
Ende-zu-Ende-Verzögerung
- eines effizienten Kompressionsverfahrens.
- eines Protokolls zum Ausgleich von Datenverlusten und schwankenden Übertragungsraten.
"Streaming" bezeichnet das Abspielen von Audio-/Videodaten in Echtzeit. Ein gebräuchliches Format für Audiodateien ist MP3.
"RealAudio" und "RealVideo" sind proprietäre und nicht offengelegte Verfahren
von Real Networks. Die Empfangssoftware ist frei erhältlich und in die meisten
modernen Web-Browser als Plugin integriert. Das Verfahren ist sehr effizient und
kann niedrige Videoauflösungen bereits mit ModernVerbindungen von 14 Kbit/s
übertragen.
Geradezu komplemetär zum Bandbreiten-Bedarf entwickeln sich moderne Methoden
der Datenkompression. Am erfolgeichen Beispiel von MP3 (MPEG 2 Layer 3) kann
gezeigt werden, daß trotz der Reduktion der Datenmenge auf 10% des unkomprimierten
Audio-Originals, akzeptable Qualitäten erreicht werden können. Ähnliche
Entwicklungen sind auch im Bereich der Stand- und Bewegtbilder bekannt und
abzusehen.
Die Medien konvergieren
Sowohl auf der technischen Ebene, wie auf der Medienebene zeichnet sich
ein "Zusammenwachsen" ab.
Auch aus anderen digitalen Kommunikationsnetzen können digitale
Telekommunikationsendgeräte mit Display auf das Internet zugreifen, wenn diese
Netze mit einem Gateway zum Internet versehen sind. Zwischen Endgerät und
Gateway wird dabei das Protokoll WAP (Wireless Application Protocol) benutzt, das
Gateway setzt dieses z. B. nach HTTP um.
Spezielle Web-Seiten, die mit Tags der Beschreibungssprache WML (WAP Markup Language)
versehen sind, können vom Gateway wiederum in WAP-Nachrichten umgesetzt werden und
sind damit vom Telekommunikationsendgerät abrufbar.
WAP und WML sind Beispiele für den mobilen Zugang zum Internet. Ericsson und Microsoft,
Nokia und Macromedia haben ihre Zusammenarbeit für ein mobiles Internet erklärt.
Telefonieren, sich Informieren, Lesen und Unterhaltung werden zu einem
Medienkonglomerat verschmelzen.
Das Real-Time Transport Protocol RTP ist ein Protokoll der Transportschicht zur
Übertragung zeitkritischer Daten, es setzt auf IP auf.
RTP kann zusammen mit beliebigen Kompressionsverfahren zur Realisierung von Audio-/Videodatenströmen genutzt werden. RTP ist auch Bestandteil des Java
Media Framework.
Kryptographie
Nach anfänglichen Hindernissen der Nutzung kryptographischer Techniken,
einerseits bedingt durch Exportrestriktionen der US-Regierung,
andererseits durch das Verbot der Anwendung in einigen Ländern (z. B.
Frankreich) scheint sich eine umfangreiche Nutzung zu etablieren.
Kryptographische Methoden bilden die Basis für die Sicherheit der
Übertragung von Daten aller Art (Texte, Bilder, Tondokumente, usw.)
gegen:
- das "Abhören" (Empfangen durch Unberechtigte),
- die Verfälschung und
- das Vorspiegeln unwahrer Absender (= digitale Signatur)
Damit wird der Grundstein für den elektronischen Zahlungsverkehr, die
Kontraktfähigkeit digitaler Dokumente, die untrennbare Kennzeichnung der
Daten mit Urheberinformationen oder Lizenzinhabern (Watermarking) gelegt.
Applikationen
Peer-to-Peer-Computing (P2P) übers Netz ist nicht mehr zu stoppen und
gilt selbst bei VCs als absolut "hot" Napster, Gnutella und Co. bringen
die Nutzer fürs Filesharing direkt in Kontakt miteinander. Was heute fürs
MP3-Tauschen gut ist, könnte in Zukunft auch das Modell sein für den
mittelsmannlosen E-Commerce, das unkomplizierte Publishing oder die Echtzeit-Suche
nach Informationen in den wachsenden Datenbergen.
Napster, das inzwischen von rund 20 Millionen Netzbewohnern genutzt wird, macht Lust
auf mehr. Applikationen wie Gnutella und FreeNet ermöglichen seit dem Frühjahr
2000 das Filesharing beliebiger Dateien - also auch von kompletten Videos oder digitalen
Büchern. Selbst einen zentralen Verbindungsserver - die Bedingung für jegliche
Webkommunikation - braucht es nicht mehr, da durch beide Programme die vernetzten
Rechner der User selbst zu "Servern" umgewandelt werden und in Echtzeit dort
nach Material von Interesse gesucht werden kann.
Doch die punktgenaue Peer-to-Peer-Revolution, die letztlich an die Zeiten des Internet
vor dem Web anknüpft, als die Netzpioniere in den Universitäten oder
großen Firmen noch ihre eigenen Rechner als Downloadstationen und Knoten im
Cyberspace positionierten, geht weit über den in Mode gekommenen MP3-Austausch
hinaus. Letztlich könnte ein Großteil der Aktivitäten, die heute noch
über das Web abgewickelt werden, wieder gänzlich von den Nutzern selbst in
die Hand genommen werden.
Andere denken an das, was ich als 'Internet für Waschmaschinen' bezeichne.
Jedes Gerät im Haus soll über einen Netzwerkanschluß verfügen
und in der Industrie wird bereits über das 'smart house' diskutiert.
Links
http://www.napster.com/
http://freenet.sourceforge.net
http://www.applesoup.com/
http://www.mpaa.org/
http://gnutella.wego.com/
http://gnutella.nerdherd.net
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