Grundlagen Computernetze


Prof. Jürgen Plate

Grundlagen Computernetze

Einführung

Der Zusammenschluß von diversen Computern und Peripheriegeräten zu Netzen gewinnt immer stärkere Bedeutung. Netze (Netzwerke) sind Verbindungssysteme, an die mehrere Teilnehmer zum Zweck der Datenkommunikation angeschlossen sind.
Lokale Netze (LAN, Local Area Network) sind Netze in einem örtlich begrenzten Bereich (Raum, Gebäude, Gelände), der sich im Besitz einer einzigen Organisation (z. B. Firma) befindet. Die Verbindung mehrerer LAN-Segmente erfolgt über Koppelelemente (Hubs, Switches, Bridges, Router, etc.).
Weitverkehrsnetze (WAN, Wide Area Network) sind Netze, die über weitere Entfernungen reichen (Stadt, Land, Welt). Die einzelnen Netze können über Router oder Gateways miteinander gekoppelt werden und dabei auch öffentliche Kommunikationsnetze nutzen.
Jegliche Kommunikation zwischen zwei Partnern ist an bestimmte Voraussetzungen gebunden. Zum einen muß die Hardware der Partner und der Datenübertragungseinrichtungen über kompatible Schnittstellen verfügen und zum anderen müssen Vereinbarungen über die Art und Weise des Informationsaustausch getroffen werden (Protokolle). Zur Festlegung von Schnittstellen und Protokollen gibt es zahlreiche Standards (nationale und internationale Normen, Firmenstandards).

Wie definiert die ISO (International Standardisation Organisation) ein LAN? "Ein lokales Netz (LAN) ist ein Netz für bitserielle Übertragung von Informationen zwischen untereinander verbundenenen unabhängigen Geräten. Das Netz unterliegt vollständig der Zuständigkeit des Anwenders und ist auf ein Grundstück begrenzt." Es werden also nicht nur Computer miteinander vernetzt, sondern auch andere Geräte wie Drucker, Monitore, Massenspeicher, Kontrollgeräte, Steuerungen, Fernkopierer und anderes. Der Unterschied eines LAN zu anderen Netzen wird von der ISO durch folgende Eigenschaften festgelegt: begrenzte Ausdehnung, hohe Datenübertragungsrate, geringe Fehlerrate, dezentrale Steuerung, wahlfreier Zugriff und die Übertragung von Datenblöcken.

Kern der Datenkommunikation ist der Transport der Daten, also die Datenübertragung von einem Sender mittels eines Übertragungskanals zu einem Empfänger. Die zu übertragenden Daten werden im Rhythmus eines Sendetaktes auf das Übertragungsmedium gegeben. Damit die Information korrekt wiedergewonnen werden kann, muß am Empfangsort eine Abtastung der Signale zum richtigen Zeitpunkt erfolgen. Normalerweise verwendet man dazu eine Codierung, die eine Rückgewinnung des Taktes aus dem Signal erlaubt. Auf diese Weise kann sich der Empfänger jederzeit auf den Takt des Senders synchronisieren.

ISO-Referenzmodell für die Datenkommunikation

Eine wesentliche Forderung in der Datenfernverarbeitung ist das Zusammenschalten unterschiedlicher Stationen (verschiedener Hersteller). Dazu ist eine Schematisierung und Gliederung des Kommunikationsprozesses in wohldefinierte, hierarchische Ebenen (Schichten, Layers) notwendig. Es erfolgt eine Zuordnung der einzelnen Kommunikationsfunktionen zu bestimmten logischen Schichten. Wird in einer Schicht eine Anpassung (Änderung, Erweiterung) vorgenommen, bleiben die anderen Ebenen davon unberührt.

ISO (International Standards Organisation) hat für offene Netze ein 7-Schicht-Modell, das OSI-Modell (OSI = Open Systems Interconnection), geschaffen. Dieses Modell liegt nahezu allen Kommunikationsgeräten und -Verfahren zugrunde (zur Not werden vorhandene Protokolle in das Schema von ISO/OSI gepreßt). Im OSI-Modell werden die grundsätzlichen Funktionen der einzelnen Ebenen und die Schnittstellen zwischen den Ebenen festgelegt. So ergibt sich eine universell anwendbare logische Struktur für alle Anforderungen der Datenkommunikation verschiedener Systeme.

Das OSI-Model liefert

Wesensmerkmale der hierarchischen Schichtenstruktur bei Rechnernetzen sind:

Die einzelnen Schichten stellen somit definierte Schnittstellen zu ihren Nachbarn bereit (Schicht 4 hat z. B. Schnittstellen zu den Schichten 3 und 5). Die Kommunikation findet nur über diese Schnittstellen statt (in der Grafik senkrecht).
Die rein logische Kommunikation zwischen den beteiligten Stationen A und B erfolgt jedoch auf der Basis gleicher Schichten (in der Grafik waagrecht, mit '.' gekennzeichnet). Lediglich bei Schicht 1 handelt es sich um eine physikalische Verbindung.

Aufgabe der einzelnen Schichten:

Zunächst eine kurze Beschreibung der einzelnen Schichten. Dabei ist auch der zur Schicht gehörende Datenblock gezeigt. Jede Schicht kann (muß aber nicht) die Daten mit einem eigenen Header (bzw. Datenrahmen) versehen, der zur Kommunikationssteuerung auf dieser Schicht dient. Der Datenblock einer Schicht (mit Rahmen) wird von der Schicht als reine Nutzdaten betrachtet, sie kann so auch an dem Header der übergeorneten Schicht nichts ändern.

Veranschaulichung des Schichtenmodells mit einem Beispiel

Das Beispiel arbeitet nur mit drei Schichten. Die Ausgangssituation besteht in zwei Wissenschaftlern in Arabien und China, die ein Problem diskutieren wollen. Nun sprechen beide nur Ihre Landessprache und auch Dolmetscher, die Arabisch und Chinesisch können, sind nicht aufzutreiben. Beide suchen sich nun Dolmetscher, die Englisch können. Der Weg der Nachrichten:

Paketvermittlung vs. Leitungsvermittlung

Hier soll kurz erklärt werden, wie die zu übertragenden Informationen in den meisten Netzen von einem auf den anderen Rechner kommen. Die Daten werden paketweise übertragen. Man spricht daher von einem paketvermittelten Netz. Zur Veranschaulichung ein Gegenbeispiel und ein Beispiel:

Leistungsparameter

Die Qualität, die ein Kommunikationssystem anbieten kann, bezeichnet man als Dienstgüte (engl.: Quality of Service, QoS). Qualitätsparameter sind hier:

Bei der Übertragung kontinuierlicher Medien sind noch weitere spezielle Qualitätsparameter relevant:

Ein Paket erfährt eine Verzögerung auf dem Weg von einem Ende zum anderen. Es gibt insgesamt vier Quellen für die Verzögerung bei jedem Knoten:

Verarbeitungsverzögerung [einige Mikrosekunden]:

Warteschlangenverzögerung [Mikrosekunden ... einige Millisekunden]:

Übertragungsverzögerung [einige Mikrosekunden]:

Ausbreitungsverzögerung [ms]:

Unterschied zwischen Übertragungs- und Ausbreitungsverzögerung

Die Übertragungsverzögerung ist die Zeit, die ein Router benötigt, um ein Paket abzuschicken. Sie hängt ab von Paketlänge und Übertragungsrate der Verbindungsleitung - hat aber nichts mit der Länge der Leitung zu tun. Die Ausbreitungsverzögerung ist die Zeit, die ein Bit von einem Router zum nächsten braucht.

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