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Telefon und ISDNProf. Jürgen Plate |
Seit der Einführung von DSL (Digital Subscriber Line) arbeiten die großen Telefonnetzbetreiber mit zwei verschiedenen Netzinfrastrukturen: das klassische, leitungsvermittelnde Telefonnetz (PSTN, Public Switched Telephone Network) mit ISDN- und Analog-Anschlüssen und parallel dazu das DSL, ein paketorientiertes IP-Netzwerk, das zunächst nur einen schnellen Datenzugang ins Internet bereitstellen sollte.
PSTN und DSL nutzen zur Übertragung beide das Kupferkabel zwischen der Vermittlungsstelle und dem Hausanschluss des Kunden - es mussten also für DSL keine neuen Kabel gezogen werden. Ein PSTN-Anschluss nutzt zur Übertragung den unteren Frequenzbereich des Frequentbandes, das vom Kupferkabel übertragen werden kann. Der Splitter am Kundenanschluss trennt die gemeinsam übertragenen Telefon- und DSL-Signale in ihre separaten Frequenzbereiche auf. Bei ISDN und analoger Telefonie wird also ein Teil des Netzes ausschließlich für die Sprachübertragung bereitgestellt. Dieser Bereich ist auch dann blockiert, wenn nicht telefoniert wird. Inzwischen werden laut Telekom viele Ersatzteile für ISDN schon gar nicht mehr hergestellt. Auch spielt der finanzielle Effekt eine Rolle: Die Wartung und die zentrale Steuerung eines einzigen Netzes ist viel kostengünstiger als der Parallelbetrieb mehrerer Netze.
Deshalb setzen die Telefonanbieter auf Voice over IP (VoIP), also die Übertragung von Telefonie über die Internet-Strukturen. Hier wird die Sprache digitalisiert über die gleichen Leitungen übertragen wie der normale Datenverkehr. Wird nicht telefoniert, steht die Bandbreite anderweitig zur Verfügung und vor allem muss nur noch ein Netz betrieben und gepflegt werden. VoIP bietet die gleichen Funktionen wie ein ISDN-Anschluss: zwei Sprachkanäle, standardmäßig drei verschiedene Rufnummern, die sich über den Router verwalten lassen. Außerdem kann man Rufweiterleitungen oder auch Rufsperren selbst einrichten. Sogar das Smartphone lässt sich via VoIP nutzen. Wenn die Endgeräte es zulassen, ist auch die Sprachqualität deutlich besser als bei der analogen Telefonie.
Allerdings soll es bei der Umstellung der Telekom auch Ausnahmen geben: Für analoge Telefonanschlüsse ohne DSL soll in den Vermittlungsstellen eine entsprechende analoge Schnittstelle erhalten bleiben. Klassischen "Nur-Telefon-Nutzern" bleibt so der Umstieg auf VoIP erspart. Für ISDN-Anschlüsse wird es diese Ausnahme jedoch nicht geben. Die Telekom möchte das ISDN-Netz im Jahr 2018 endgültig abschalten.
Die Umstellung birgt aber auch Nachteile. Wenn das Telefon nicht funktioniert, mal eben die Störungshotline anrufen geht dann allerdings nur noch übers Mobiltelefon. Denn wenn Telefon, Internet und eventuell Fernsehen aus einer Hand kommen, geht bei einem Ausfall eben gar nichts mehr. Das gleiche gilt, wenn der hreimische Router kaputt ist. Auch Stromausfälle waren bei ISDN und analogen Anschlüssen kein Problem, die Notstromversorgung erfolgte über die Telefonleitung. Das geht bei VoIP nicht mehr. Hausnotrufsysteme, die z. B. bei Menschen mit Behinderung installiert sind, funktionieren bei einem Stromausfall auch nicht mehr. Die gesamte hausinterne Netzinfrastruktur bräuchte dann eine Notstromversorgung.
Um ihr Ziel zu erreichen, hat die Telekom bereits damit begonnen, willige Kunden auf IP-basierte Anschlüsse umzustellen. Möchte der Kunde trotz mehrerer Anschreiben zum Wechsel immer noch an seinem PSTN-Anschluss festhalten, kündigt die Telekom den Zugangsvertrag. Der Zeitpunkt der Umstellung lässt sich nicht exakt vorhersagen, da das Ende der Vertragslaufzeit und andere Faktoren eine Rolle spielen. Laut Telekom werden zunächst alle VDSL-Zugänge, die mit ISDN oder einem analogen Telefonanschluss kombiniert sind, auf VoIP umgestellt. Die Umstellung der reinen Kupfer-DSL-Anschlüsse soll dann ab 2017 erfolgen. Langfristig kommt man um die Umstellung auf VoIP kaum herum - allerdings muss die dann nicht zwangsläufig bei der Telekom stattfinden. Man kann auch den Anbieter wechseln.
Wer keinen Internetanschluss hat, bekommt von der Umstellung im Idealfall nichts mit und muss auch nicht in neue Technik investieren. Anders sieht es aus, wenn man einen neuen, IP-fähigen Router braucht. Wer sich bereit erklärt hat, auf den IP-basierten Anschluss der Telekom zu wechseln, erhält eine Auftragsbestätigung mit einem recht genauen Bereitstellungstermin. Innerhalb des angegebenen Zeitfensters von wenigen Stunden ist man über seine Festnetznummer nicht erreichbar. Im Idealfall sollte der Kunde innerhalb dieser Zeitspanne die nötigen Maßnahmen am Anschluss (Splitter und NTBA entfernen) und am Router (Umstellung auf VoIP-Rufnummern) vornehmen oder den neuen Router installieren. In vielen Fällen wird die Umstellung zentral gesteuert, manchmal muss die Telekom aber auch einen Techniker vorbeischicken. Im günstigsten Fall bekommt man die Umstellung nur positiv zu spüren, nämlich über ein schnelleres und leistungsfähigeres Internet. Das funktioniert auch meistens problemlos, aber nicht immer.
Eventuell müssen Sie auch ältere Endgeräte und Router auswechseln. Sie benötigen Sie einen Modem-Router mit Annex-J-Unterstützung und einer integrierten VoIP-fähigen Telefonanlage. Neben den aktuellen Telekom-Routern finden Sie weitere Hersteller für entsprechende Modelle, etwa AVM mit seinen Fritzbox-Routern. Auch TP-Link bietet inzwischen Modem-Router für IP-basierte Anschlüsse inklusive VoIP-Telefonanlage an. Alle Router-Modelle besitzen bereits Anschlüsse für analoge Telefonie-Geräte. Wer auch sein ISDN-Telefon weiter nutzen möchte, benötigt einen Router mit S0-Anschluss, wie zum Beispiel die Fritzbox 7490 oder 7390, den Speedport W921V oder einen ISDN-Adapter, der an einen LAN-Port des Routers angeschlossen wird.
Siehe auch:
www.auerswald.de/images/downloads/broschueren/Whitepaper_All_IP_online.pdf
www.telekom.de/hilfe/festnetz-internet-tv/ip-basierter-anschluss
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