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Webdesignvon Prof. Jürgen Plate |
Einführung
Schon 1969 stellten in den USA Nelson und Van Dam eine Hypertext-Editor vor,
1976 wurde der Begriff 'Multiple Media' geprägt, aber erst ca. 1991 ging es
richtig los mit dem Apple Multimedia Lab und dem MIT Media Lab.
Hypertext ist ein Text, der Verweise zu anderen Texten enthät - wie
wir es von einem Lexikon her kennen. Hypertext ist daher nicht-linear, denn man
kann zwischen den Texten herumspringen. Insbesondere für kontextabhängige
Hilfesysteme und Online-Handbücher wird Hypertext schon lange eingesetzt.
Das DOS- oder Windows-Hilfesystem ist ein Hypertextsystem.
Hypermedia ist nicht auf Text beschränkt. Hypermedia-Dokumente
können andere Medien enthalten, z. B. Diagramme und Bilder. Dabei gibt
es keine Beschränkung auf statische Medien, sondern auch Sounds, Musik,
Animationen und Videoseqenzen lassen sich einbinden. Das World Wide Web ist
das beste Beispiel für Hypermedia.
Der Ursprung des WWW begann Anfang 1989 am CERN, dem Europäischen
Zentrum für Teilchenphysik bei Genf. Ausgangspunkt war die Entwichlung
eines Systems, das den Angehörigen des CERN erlaubte, in der Vielfalt
der vorhandenen Daten auf einfache Art und Weise zu navigieren.
Die Inkompatibilität der vorhandenen Hard- und Software machte das
Auffinden relevanter Information innerhalb der Organisation nahezu
unmöglich. Als Lösung dieses Problems wurde von Tim
Berners-Lee und Robert Cailliau ein auf Client/Server Architektur
aufbauendes, hypertextbasiertes System vorgeschlagen, das auf SGML basierte
(SGML = Standard Generalized Markup Language).
Der ISO-Standard definiert SGML als "eine Sprache für
Dokumentenrepräsentation, welche Markup formalisiert und von
System- und Verarbeitungsabhängigkeiten löst". SGML
erlaubt den Austausch von großen und komplexen Datenmengen
und vereinfacht den Zugriff auf diese. Zusätzlich zu den
Möglichkeiten des deskriptiven Markups benutzen SGML-Systeme
ein Dokumentenmodell, welches die Überprüfung der Gültigkeit
eines Textelements in einem bestimmten Kontext erlaubt. Weiterhin enthält
SGML Techniken, die folgendes erlauben:
- Zusammenbindung von Dateien zu einem zusammenhängenden Dokument,
- Einbindung von Illustrationen und Tabellen in Textdateien,
- Erzeugen von mehreren Versionen eines Dokuments in einer einzigen Datei,
- Hinzufügen von Kommentaren in die Datei,
- Kreuzreferenzen
- und vieles mehr
Bei SGML handelt es sich nicht um eine vordefinierte Menge von Textauszeichnungen,
sogenannten 'Tags', zum Markieren von Textpassagen. SGML beschreibt nicht das
Aussehen des Textes, sondern sein strukturelles Aussehen. HTML ist eine
Untermenge von SGML.
Der grundlegende Aufbau des World Wide Web unterscheidet sich in keiner Weise
von anderen Internet-Diensten. Dokumente auf Servern werden in einem bestimmten
Format, im Falle von WWW dem HyperText-Format HTML, abgespeichert. Mittels
geeigneter Clients, im HyperText-Jargon auch Browser genannt, wird auf
Information zugegriffen, die auf dem Server vorhanden ist. Client und Server
verständigen sich untereinander über das HTTP-Protokoll.
HTML (Hypertext Markup Language) ist also ein Format zur Darstellung von Informationen
aller Art, unabhängig vom verwendeten Betriebssystem oder Rechner.
Am wichtigsten ist die Vorüberlegung, in der festgelegt wird,
welche Inhalte transportiert werden sollen.
Textgestaltung (Schreiben)
- Denken Sie an Ihre Zielgruppe. Schreiben Sie so, daß ihre Informationen
für diese Zielgruppe passend aufbereitet werden. Das betrifft sowohl Inhalt,
als auch den Stil der Datstellung.
- Schreiben Sie so einfach und verständlich wie möglich.
Bei Fachausdrücken sollte z. B. beim ersten Auftreten eine kurze Erklärung
dabei sein. Jede Abkürzung darf erst verwendet werden, wenn die Langfassung
aufgeführt wurde.
- Illustrieren Sie komplexe Sachverhalte und beschreiben Sie diese auf verschiedene
Art und Weise.
- Denken Sie an gegenseitige Beziehungen einzelner Teile des Inhaltes. Stellen
Sie Verknüpfungen und Querverbindungen her.
Die Zeit, die der Text dargeboten wird läßt sich sich nach folgender
Faustregen abschätzen: Zweimal langsam leise vorlesen.
Grafikgestaltung (Illustrieren)
- Ein Bild sagt mehr als 1000 Worte (alt, aber gut)
- Erzeugen Sie eigene Bilder (selbst malen, scannen, Photo-CD,
Bildersammlungen durchsuchen und Bilder modifizieren)
- Vermeiden Sie unnötige Bilder, also solche, die zum Verständnis des
Inhalts nichts beitragen
- Verwenden Sie eine konsistente Farbgestaltung, z. B. für Hintergründe,
Texte, u.s.w. Verwenden Sie Farbschemata, z. B. nur Pastelltöne, nur Erdfarben,
nur Metallicfarben oder nur Neontöne.
- Verwenden Sie ein einheitliches Layout (Schriftart, -größe) und nicht
zuviele verschiedene Schriftarten. Ein Buch kommt z. B. mit zwei bis drei
Schriftfamilien aus.
Animationen
- Typen von Animationen
- Trickfilm (Character Animation): Man verleiht einem Objekt menschliche Züge.
Man kann so einer Zahnbürste, einem Auto, einer Bohrmaschine, einem
Spielzeug etc. 'Leben' verleihen. Beim Entwurf des Characters sind zu beachten:
- Emotionen (glücklich, spassig, traurig, uninteressiert, ...)
- Bewegung (schnell, langsam, tolpatschig, ...)
- Erscheinung (muß zum Stil des Gesamtwerks passen)
- Copyright (Micky Maus nur verwenden, wenn man die Erlaubnis von Disney hat)
- Hervorhebungen: Ein wichtiges Wort zoomt aus dem Text heraus, ein Logo
bewegt sich, etc.
- Bewegter Text: Die Schrift erscheint z. B. Zeichen für Zeichen als
würde sie getippt, ein Wort pulsiert, Laufschrift, Textblöcke
'poppen' aus dem Hintergrund, etc.
Aber Vorsicht: Laufschriften oder andere Schrifteffekte machen den Text
leicht unlesbar. Also nur in Ausnahmefällen verwenden.
- Video: Digitalisierte Videos sind oft beeindruckender als Photos und
meist auch leichter herzistellen als Trickfilme. Sie benötigen jedoch sehr
viel Speicherplatz. Für den Schnitt benötigt man meist spezielle Hard-
oder Software.
- Wann soll man animieren?
Animationen sollten - wie letztlich auch Bilder - nicht ohne triftigen Grund
auftauchen. Nur 'Zappeln um des zappelns willen' ist schlecht.
- Emotionen verstärken
- Darstellungen von Handlungen (z. B. Zusammenbau eines Gerätes)
- Hervorheben von Informationen
- Zeitabläfe anzeigen ('Fortschrittsbalken', Sanduhr, etc.)
- Übergang zum nächsten Kapitel oder Abschnitt,
z. B. Auf- und abblenden, Wischblenden, Überblendungen, Schnitt.
Sorgen Sie am Ende des Videos für eine kurze 'Ausklingzeit', eine
Pause von einigen Sekunden, in der sich der Betracher wieder sammeln kann.
Akustische Informationen
- Musik: Sie dient der Untermalung der dargestellten Bilder und Texte
und kann auch bestimmte Stimmungen und Emotionen hervorrufen.
- Geräuscheffekte: Sie bringen etwas 'Leben' ind die multimediale
Präsentation und heben bestimmte Dinge hervor.
- Sprache: Mit ihr können die bildlichen Darstellungen erklärt
und kommentiert werden. Achtung: 'Vorlesen' des Textes, der auf dem
Bildschirm erscheint, ist Unsinn.
Interaktion
Im Gegensatz zu Film, Fernsehen, Diashow, usw. ist eine hervorstechende
Eigenschaft multimedialer Systeme, weshalb man bei der Konzeption
auf jeden Fall auch auf Interaktion mit dem Benutzer achten sollte.
Schon 1980 wurde in einer Studie festgestellt, daß der Mensch
sich viel mehr Informationen merkt, wenn er mit dem System im Dialog ist.
Wichtig ist hier, daß die Bedienung konsistent und einheitlich ist,
damit der Benutzer nicht verwirrt oder überfordert ist.
Eine ebenso wichtige Rolle spielt die Laufzeit der einzelnen Passagen
oder Takes. Wenn beispielsweise eine Video zu lange dauert und sich
nicht abbrechen läßt, wird der Benutzer sich schnell
verärgert abwenden. Bewährt haben sich folgende Zeiten:
- selbstlaufend (nicht zu unterbrechen): 2 - 3 Minuten
- mit beschränkter Interaktion: 5 - 6 Minuten
- vollständige, interaktive Unterweisung: bis 15 Minuten
- Lernprogrammlektion: ca. 30 Minuten
Multimedia-Anwendungen lassen sich in drei Gruppen einteilen:
- Menügesteuerte Programme und Präsentationen: Diese
haben oft eine hierarchische Struktur aus Menüs und Untermenüs.
- Hypermedia-Anwendungen: Hier bietet sich die vorteilhafte
Möglichkeit von Querverweisen und einer vermaschten Struktur,
die einen schnellen Zugriff auf die gewünschte Info erlaubt.
Hier lassen sich auch mehr multimediale Eigenschaften einbringen,
aber gleichzeitig besteht die Gefahr, daß sich der Benutzer
in den Dokumenten 'verliert'.
- Simulationen: In diese Gruppe fallen Spiele genauso wie
ernsthafte Simulationen technischer oder wirtschaftlicher Vorgänge.
Software für Multimedia-Designer
Zum Erstellen von Multimedia-Applikatioen benötigt man Software
aus den unterschiedlichsten Bereichen:
- Soundbearbeitung: Programme zum Aufnehmen und Bearbeiten von
Klängen und Musik über die Soundkarte. MIDI-Sequencer und
-Bararbeitungsprogramm; gegebenenfalls mit der Möglichkeit,
Noten zu schreiben und umzusetzen.
- Bildbearbeitung: Programme zum Bearbeiten von Pixelgrafik und
für Photos. Wichtig sind hier diverse Malwerkzeuge, Filter-
und Effektfunktionen. Außerdem sollten die Programme das
Konvertieren verschiedener Dateiformate erlauben. Typische Vertreter
sind Paintshop, Photoshop, PhotoSuite, PhotoImpact, xv.
Die andere Gruppe von Programmen zur Grafikerzeugung bilden die
sogenannten Konstruktionstools, die Vektorgrafiken erzeugen, z. B.
AutoCAD, Autosketch. Schließlich gibt es noch spezielle
Programme zum Erzeugen von Diagrammen, z. B. Visio.
- Video- und Animationsbearbeitung: Um Animationen zu bearbeiten
sind Programme nötig, die es erlauben, Einzelbilder zu Filmen
zusamenzusetzen. Manche dieser Tools erlauben auch automatische
Generierung von Zwischenphasen. Bei der Erstellung eigener Trickfilme
wird zuerst ein Drahtmodell der Objekte verwendet, das dann in
einem zweiten Schritt, dem sogenannten 'Rendering' in ein 3D-Bild
mit Beleuchtung und glatten Oberflächen übergeführt wird.
Weiterhin sollte das Programm gestatten, beliebige Bilder oder
Texturen auf die Objektoberfläche abzubilden. Beispiel:
Adobe Premiere, MGI VideoWave.
- Autorensysteme: Um komplette Multimedia-Präsentationen zu
erstellen werden gerne Autorensysteme verwendet. Sie ermöglichen
das Zusammenführen von Text, Bild, Video und Sound und den Einbau
interaktiver Elemente. Sie beherrschen eine Skriptsprache (z. B. Lingo),
die auch Fehlersuche und Simulation der MM-Applikation erlaubt. Das
Ergebnis wird dann mit einem Abspielprogramm zusammengebunden und
beispielsweise auf CD-ROM gespeichert. Typische Vertreter dieser
Autorensysteme sind Macromedia Director oder Authorware.
Seit der Entwicklung des World Wide Web (mit HTML) genügt schon
ein Texteditor zur Produktion multimedialer Dokumente (siehe Kapitel 4).
Zielgruppe definieren
- Erforschen Sie das spezifische Know-how und die individuellen
Ansprüche ihrer Zielgruppe.
- Erforschen Sie die sozialen Wertvorstellungen Ihrer Zielgruppe.
- Erforschen Sie die grundlegenden Wünsche und Ängste ihrer Zielgruppe.
Startet ein Anwender eine CD oder betritt ein Besucher eine Homepage, so hat er
eine Reihe von Fragen:
- Wo bin ich?
- Wo kann ich hin?
- Ist das das Richtige für mich?
- Wie alt ist die Information?
- Von wem ist die Information?
- Werde ich hier meine Zeit verschwenden?
- Gibt es hier überhaupt etwas, was mich interessiert?
- Gibt es noch etwas Besseres?
- Wo verstecken sich die coolen Sachen?
- Wie lange dauert es?
- Darf ich das?
- Ist das riskant?
All diese Fragen müssen bestmöglich beantwortet werden. Dabei helfen
die folgenden Richtlinien:
- Muß sich ein User erst durch drei Menüseiten klicken, um zu einer weiteren
Auswahlseite zu gelangen, wächst die Unlust
- Hyperlinks müssen klar bezeichnet und informativ sein
- Schaffen sie übersichtliche Menüs und Inhaltsangaben
- Für umfangreiche Datenmengen empfiehlt sich eine Suchfunktion
- Weniger ist mehr. (im Web: Ladezeit contra Volumen --> pro Seite nicht
mehr als 40 KByte)
- Verwenden Sie möglichst wenig Schriftarten innerhalb eines Dokuments
- Der Schrift-Charakter sollte die inhaltliche Aussage unterstützen
- Eine schlichte Schrift ist auf dem Bildschirm leichter zu lesen; setzen
Sie Fettschrift nur sparsam ein
- Verwenden Sie Farben und Schattierungen, um bestimmte Wörter hervorzuheben
- Schriften mit Serifen (Times, Concorde, Courier, usw.) sind besser lesbar
als (serifenlose) Groteskschriften (Helvetica, Arial, etc.).
- Gehen Sie sparsam mit Fettdruck und Kursivschrift um.
- Verwenden Sie Groß- und Kleinschreibung und nicht reine Großschreibung
- Kurze Absätze werden als bildliche Ideen wahrgenommen
Web 2.0
Der Begriff Web 2.0 geht auf eine Konferenz des Verlags O'Reilly zurück und beschreibt eine Vielzahl
von Aspekten, die sich in den letzten Jahren abzeichnen: Nutzer werden zu Medienproduzenten, Software
wird sozial, es zeigt sich eine wachsende Offenheit, Internetangebote werden besser integrierbar, der
Grad der Vernetzung steigt und Applikationen werden verstärkt ins Netz verlagert. Der Begriff postuliert
in Anlehnung an die Versionsnummern von Softwareprodukten eine neue Generation des Webs und grenzt
diese von früheren Nutzungsarten ab.
Der Begriff Web 2.0 bezieht sich neben spezifischen Technologien oder Innovationen wie Cloud Computing
primär auf eine veränderte Nutzung und Wahrnehmung des Internets. Er grenzt die interaktiven Nutzungsarten
vom Vorgänger ab, in dem es nur wenige "Bearbeiter" (Erstellung von Inhalten für das Web oder Bereitstellung
von Informationen), aber zahlreiche Konsumenten, die die bereitgestellten Inhalte passiv nutzten gegeben
habe. Die Benutzer erstellen, bearbeiten und verteilen Inhalte in quan-titativ und qualitativ entscheidendem
Maße selbst, unterstützt von interaktiven Anwendungen.
Ebenfalls wird angeführt, dass das Web zu Beginn vor allem aus statischen HTML-Seiten bestanden habe, von
denen viele für längere Zeit unverändert ins Netz gestellt und nur gelegentlich überarbeitet oder in
größeren Zeitabständen ausgetauscht wurden. Damit sich Seiten auch von mehreren Menschen effizient bearbeiten
und verwalten lassen, seien Content-Management-Systeme und aus Datenbanken gespeiste Systeme entwickelt
worden, die während der Laufzeit die Inhalte von Seiten dynamisch austauschen oder neue Inhalte einzusetzen
helfen. Seither haben folgende Entwicklungen bei Web 2.0 zur veränderten Nutzung des Internets beigetragen:
- Die Trennung von lokal verteilter und zentraler Datenhaltung schwindet: Auch Anwender ohne große
technische Kenntnis oder Anwendungserfahrung benutzen Datenspeicher im Internet (etwa für Fotos). Lokale
Anwendungen greifen auf An-wendungen im Netz zu; Suchmaschinen greifen auf lokale Daten zu. Stichwort:
Cloud Computing.
- Die Trennung lokaler und netzbasierter Anwendungen schwindet: Programme aktualisieren sich
selbstständig über das Internet, laden Module bei Bedarf nach und immer mehr Anwendungen benutzen einen
Internet-Browser als Benutzer-schnittstelle.
- Neben einer strengen Rollenverteilung zwischen Bearbeitern oder Anbietern von Informationen auf
der einen Seite und reinen Konsumenten auf der anderen Seite sind einfache Angebote zu teil- oder zeitweise
stattfindendem Rollentausch getre-ten: Anwender mit kaum mehr als durchschnittlicher EDV-Kenntnis stellen
eigene Beiträge auf Server (User Generated Content, Wikis), pflegen Weblogs (Blogs) und verlagern auch
private Daten ins öffentliche Netzwerk.
- Es ist nicht mehr die Regel, die einzelnen Dienste getrennt zu nutzen, sondern die Webinhalte
verschiedener Dienste werden über offene Programmierschnittstellen nahtlos zu neuen Diensten verbunden (Mashups).
- Durch Neuerungen beim Programmieren browsergestützter Anwendungen kann ein Benutzer auch ohne
Programmierkenntnisse viel leichter als bisher aktiv an der Informations- und Meinungsverbreitung
teilnehmen.
Mitte 2010 nutzten mehr als 200 Mio. Menschen weltweit Facebook, mySpace, Xing oder andere Social-Media-Sites.
YouTube ist die bekannteste Website zum Abspielen von Filmen. Und in Flickr und anderen Foto-Communities
zeigen sich ebenfalls viele Millionen Menschen weltweit ihre Bilder.
Web 2.0 begann Anfang dieses Jahrtausends mit der Nutzung von Weblogs (Blogs). Dies waren ursprünglich
Tagebücher im World Wide Web. Ihr großer Vorteil: Es handelt sich um sehr einfache Content-Management-Systeme.
Mit wenigen Klicks kann man sie einrichten und losschreiben. Man braucht nich einmal Kenntnisse in HTML
oder Web-Programmierung. Jeder kann damit sehr einfach sein eigener Publizist wer-den. Blogs sind damit
ein wichtiger Schritt in der Demokratisierung des Zugangs zur Öffentlichkeit. Wer will, kann sich öffentlich
mitteilen und sein Publikum suchen. Die Geschichte der Blogs ist übrigens in den verschiedenen Ländern
durchaus unterschiedlich. In den USA nutzen Journalisten Blogs zur Veröffentlichung von Themen, die sie
in anderen Medien nicht platzieren können. So ist es nicht verwunderlich, wenn es hier mittlerweile Blogs
gibt, die es in der politischen Meinungsbildung mit großen Zeitun-gen oder Fernsehkanälen aufnehmen können.
In Deutschland spielen Blogs noch lange nicht diese Rolle. Auch wenn hier die Bedeutung politischer Blogs
zunimmt - die politische Meinungsbildung beeinflussen sie noch lange nicht in dem Maße wie in den USA.
O'Reilly und Battelle fassten Schlüsselprinzipien zur Charakterisierung von Anwen-dungen zusammen, die
dem Begriff Web 2.0 zugeordnet werden können:
- das Web als Plattform (anstatt des lokalen Rechners)
- datengetriebene Anwendungen (Inhalte sind wichtiger als das Aussehen)
- die Vernetzung wird verstärkt durch eine "Architektur des Mitwirkens" (jeder kann mitmachen)
- Innovationen beim Aufbau von Systemen durch Komponenten, die von verschiedenen Entwicklern erstellt
worden sind und beliebig miteinander kombiniert werden können (ähnlich Open-Source)
- einfache Geschäftsmodelle durch das verteilte, gemeinsame Nutzen von Inhalten und technischen Diensten
- das Ende des klassischen Softwarelebenszyklus; die Projekte befinden sich immerwährend im Entwicklungsstadium
- die Software geht über die Fähigkeiten eines einzelnen Verwendungszwecks hinaus
- es wird nicht nur auf die Vorhut von Web-Anwendungen abgezielt, sondern auf die breite Masse der Anwendungen
Tim Berners-Lee, der Begründer des WWW, sagte 2006 über den Begriff "Web 2.0": "I think Web 2.0 is of course
a piece of jargon, nobody even knows what it means" (Ich denke, Web 2.0 ist ein Schlagwort, von dem niemand weiß,
was es wirklich bedeutet.). Er vertritt die Ansicht, das angeblich "neue Netzverständnis" des Web 2.0 sei in
Wahrheit nichts anderes als das ursprüngliche, schon immer vorhandene Netzver-ständnis ("Web 1.0 was all
about connecting people"). Berners-Lee konzipierte das Web von Anfang im gleichen Maße zum Publizieren wie
zum Konsumieren der Inhalte.So war auch der erste von ihm entwickelte Webbrowser bereits Editor und Browser
zugleich.
Zudem wird von Kritikern angeführt, der Begriff Web 2.0 verallgemeinere lediglich die normale, konsequente
Weiterentwicklungen des WWW. Er sei eine Marketingbla-se, welche es vermeidet, Neuerungen genau zu beschreiben.
Beispielsweise fasst man unter dem Oberbegriff Web 2.0 so unterschiedliche Dinge wie Client-Server-Anwendungen
und soziale Netzwerke zusammen. Des Weiteren lege der Begriff Web 2.0 vereinfachend nahe, das Internet sei
interaktiver geworden, obwohl es schon seit den Anfängen des Internet aktive Usenet-Gemeinden gegeben habe;
genau wie später im WWW auch viele Forengemeinschaften. Daher beinhalte Web 2.0 nichts Neues. Auch seien die
verwendeten Techniken schon lange, bevor sie unter diesem Begriff verwendet wurden, vorhanden gewesen.
Kritikern zufolge könnten viele der mit dem Begriff verbundenen interaktiven Konzepte dem Benutzer einen Teil
seiner Autonomie nehmen und damit zum Kern neuer Strategien werden, in denen allein eine stete Bindung an den
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