Der IBM-Personal Computer XT und MS-DOS 2.00 historischer Testbericht aus |
Auch in der Computerbranche ist das Neue nicht immer das Gute und das Gute nur selten etwas Neues. Das trifft so auch auf den IBM Personal Computer zu. Kurz nach seinem Erscheinen noch hoch bejubelt, wurde er bald immer heftiger kritisiert und vielfach mit Recht. Mit dem neuen erweiterten Modell XT und der Version 2 des Betriebssystems MS-DOS hat IBM den Kritikern nun den Wind aus den Segeln genommen. Der IBM Personal Computer habe zu wenig Ausbaumöglichkeiten, auf der Hauptplatine könne nicht genug Speicher untergebracht werden, fünf Erweiterungssteckplätze seien zu wenig, die Diskettenkapazität sei zu gering und das Betriebssystem sei doch nur eine CP/M-Variante, hieß es. Das war alles richtig, doch niemand konnte erwarten, daß IBM gleich beim Einstieg in den Mikrocomputermarkt ein perfektes Produkt abliefert. Auch wenn das Wort ComputerREvolution heutzutage in aller Munde ist, so kann man doch in technologischer Hinsicht nur von ComputerEvolution sprechen. Hard- und Software-Produkte brauchen ihre Zeit, bis alle Anfangsschwierigkeiten beseitigt sind und nach Monaten, manchmal auch Jahren, ein Produkt herangewachsen ist, das fehlerfrei und problemlos läuft. So kann man auch erst jetzt, nach mehr als eineinhalb Jahren, den IBM Personal Computer mit dem Modell XT und der zweiten Version des Betriebssystems als den Kinderschuhen entwachsen bezeichnen. Alle eingangs genannten Mängel wurden beim IBM Personal Computer XT behoben, und im Betriebssystem sind nun fast alle Möglichkeiten vorhanden, die Microsoft schon Ende 1981 versprochen hatte. Im folgenden wird darüber berichtet, was im Detail verbessert wurde; der IBM Personal Computer wird dabei PC genannt, das neue erweiterte Modell kurz XT. Nicht alles neu, aber neu von IBM
Das (Betriebs-)System kann auch von der Festplatte gestartet werden; ist keine Diskette im Laufwerk A eingelegt, dann wird versucht, das Betriebssystem von der Festplatte zu laden. Das kann im Prinzip jedes beliebige System sein, MS-DOS, CP/M-86 oder UCSD-PASCAL, wobei die beiden letzten noch nicht an die Festplatte angepaßt sind. Da eine Festplatte einen höheren Stromverbrauch hat, wurde die Stromversorgung entsprechend angepaßt. Für die Unersättlichen gibt es noch die Möglichkeit, den XT mit einer Erweiterungseinheit Modell 002 mit einer weiteren 10-MByte-Festplatte auszubauen, damit sind also Konfigurationen mit fast 21 MByte möglich. Wenn an den IBM Personal Computer XT eine Erweiterungseinheit Modell 002 angeschlossen wird, müssen Festplatte und Adapter aus dem XT aus- und in die Erweiterungseinheit eingebaut werden. Die Verbindung der beiden Geräte erfolgt durch eine Erweiterungs- und eine Empfängerkarte mit einem entsprechenden Kabel. Die Speichererweiterungen und Adapter für Diskettenlaufwerke und Bildschirm/Drucker müssen in der Systemeinheit installiert werden, alle anderen Karten können beliebig plaziert werden. Für den Original PC gibt es mit der Erweiterungseinheit Modell 001 die gleichen Erweiterungsmöglichkeiten. Einen XT mit Erweiterungseinheit 002 und Farbmonitor zeigt das Bild oben rechts. Wirklich neu ist an diesen Verbesserungen eigentlich nur die Möglichkeit, schon auf der Hauptplatine 256 KByte unterbringen zu können. Mehr Steckplätze über Erweiterungseinheiten, erhöhte Diskettenkapazitäten und Festplatten sind schon seit einiger Zeit von Fremdherstellern erhältlich. Wenn man sich die jetzige Situation anschaut, hat man das Gefühl, IBM hat die Konkurrenz entwickeln lassen, zugeschaut, was die Kunden erwarten, benötigen und auch kaufen, und bietet nun die besten Entwicklungen im XT an. Die Bedeutung des Personal Computers für IBM und den Markt wächst. IBM hat mit den genannten Verbesserungen den IBM Personal Computer zu einer kompletten Computerfamilie ausgebaut, die gleich in mehreren Marktsegmenten konkurrenzfähig ist, sowohl im Mikro- als auch im Minirechner-Bereich, von Small- Business- Anwendungen bis hin zur mittleren Datentechnik. Gleichzeitig kursieren immer häufiger Gerüchte daß IBM mitten in der Entwicklung eines preiswerten Heimcomputers für unter 2.000 Dollar und eines noch größeren Modells mit einem Grundpreis von etwa 10.000 Dollar ist. Das würde die mit dem XT schon breite Angebotspalette nach oben und unten abrunden und IBMs Aufstieg zum Marktführer auch im Mikrocomputergeschäft rapide beschleunigen. Die Personal Computer nehmen damit auch eine immer wichtigere Position in der IBM Produktpalette ein. Sie stehen im Wettbewerb mit anderen eigenen Computern und können in Verbindung mit größeren Rechnern vielseitig eingesetzt werden. IBM wird preiswert und läutet dadurch einen Preisverfall ein Der XT soll im Juni (1983) in Deutschland erhältlich sein und ab September auch in Europa hergestellt werden. Der PC in seiner Originalversion wird weiterhin angeboten, jedoch mit Preissenkungen in einer Größenordnung von drei bis acht Prozent; in den USA liegen die Preissenkungen noch höher, und zwar zwischen 10 und 25 Prozent. Die Differenz wird damit begründet, daß der PC schon bei der Einführung im Januar unter dem Niveau der USA-Preise gelegen habe. Trotz dieser Differenzen ist nun das Preis-/Leistungsverhältnis gut und kann sich ohne Schwierigkeiten mit dem bisher günstigeren Computern messen. Als Reaktion auf diese damit gerechnet, das viele Anbieter von PC-kompatiblen und -ähnlichen Rechnern nachziehen werden, um konkurrenzfähig zu bleiben, darunter auch Firmen wie Digital Equipment und Texas Instruments. Trotz erhöhter Diskettenkapazitäten aufwärtskompatibel Die neue Version ist zu 99 Prozent kompatibel zur bisherigen. Ich habe das mit mehreren Programmen getestet, darunter VisiCalc, SuperCalc, WordStar, dBase II und mehrere Basic-Programme. Ich konnte keine Schwierigkeiten feststellen. Es wurden bei den Funktionsaufrufen zwei kleine Änderungen gemacht, die allerdings nur Programme betreffen, die direkt auf bestimmte Spuren und Sektoren einer Diskette zugreifen; das ist nur bei einigen wenigen Diskettenhilfsprogrammen der Fall. Problematisch ist nur der höhere Speicherplatzbedarf von ungefähr 12 KByte; es kann also bei einigen Programmen zu Speicherplatzproblemen kommen, so daß eine Speichererweiterung notwendig wird. Aber gerade deshalb hat IBM die Preise für Speichererweiterungen gesenkt. Das Mehr an Leistung, das dieses Betriebssystem bietet, rechtfertigt den Kauf einer Erweiterung in jedem Fall. Für den Einsatz von MS-DOS 2.00 werden mindestens 64 KByte, mit Festplatte und 128 KByte empfohlen; soll ein Teil des Speichers, wie das nun möglich ist, als Halbleiterfloppy (180 KByte) (gemeint ist eine RAM-Disk) benutzt werden, sind Speicherkapazitäten unter 320 KByte nicht sinnvoll. Die erste Anwendung, die ins Auge fällt, ist die Erhöhung der Sektorenzahl der Disketten von acht auf neun. So können mit MS-DOS 2.00 jetzt auf einseitigen Disketten 180 KByte gespeichert werden (bisher 160 KByte) und auf doppelseitigen 360 KByte (bisher 320 KByte). Es werden aber auch alle bisherigen Formate unterstützt: 160/320-KByte und 180/360-KByte-Laufwerke und Disketten; es kann zum Beispiel im Laufwerk A eine 160-KByte-Diskette und im Laufwerk B eine 360-KByte-Diskette verwendet werden. Das Betriebssystem kann beim Laden auf individuelle Bedürfnisse und Gerätekonfigurationen zugeschnitten werden MS-DOS 2.00 liest beim Laden eine Konfigurationsdatei (CONFIG. SYS), in der Anweisungen zum Aufbau des Betriebssystems gegeben werden können. ... So können zum Beispiel Gerätetreiber beim Booten zugeladen werden. Man kann so bestimmen, welche Gerätetreiber geladen und damit, welche Geräte unterstützt werden; was noch wichtiger ist, man kann mit der nötigen Programmiererfahrung unabhängig vom Hersteller eines Rechners selbst noch Peripherie ins Betriebssystem einbauen. Geräte wie Drucker, Plotter und Bandlaufwerke können unter einem beliebigen Namen ins Betriebssystem integriert werden, es können also beispielsweise mehrere Drucker angeschlossen sein. Ein Beispiel für solch eine Gerätesteuerung wird in Form einer Bildschirmsteuerung nach ANSI-Norm mitgeliefert. Diese Bildschirmsteuerung ist zwar langsamer, hat aber den Vorteil, unter verschiedenen Rechnern mit MS-DOS portabel zu sein. Die ANSI-Steuerung unterstützt Cursorpositionierung und -Bewegung; Attribute und Zeichen können damit verändert, Tastencodes beliebig zugeordnet werden. Zum Beispiel besteht die Möglichkeit Funktionstasten einen beliebigen Zeichenstring zuzuweisen. Man kann die Tastaturbelegung so abändern, daß ein Buchstabe in Verbindung mit der Alt-Taste einen DOS-Befehl ausgibt. Bestehende Gerätetreiber können ersetzt werden. Soll der Bildschirm zum Beispiel die Escape-Sequenzen des VTS2-Terminals verstehen, ersetzt man einfach den ANSI-Treiber durch entsprechende Routinen. Das eröffnet ganz neue Perspektiven für die Anbieter von Zusatzperipherie: Wenn sie auch den erforderlichen Gerätetreiber mitliefern, ist es zum Beispiel vollkommen problemlos, jede beliebige Fest- oder Wechselplatte vom Betriebssystem zu unterstützen. Das bisher notwendige Untersuchen des Betriebssystems nach einer Stelle, wo man eine entsprechende Ansteuerung »hineinflicken« kann, entfällt. Diese leichte Anpassung an neue Hardwareprodukte kommt auch dem Hersteller zugute, denn er braucht dann nicht mehr das komplette BIOS auf den Kopf zu stellen. Der Einfluß von Xenix Solange ein Betriebssystem nur mit Disketten eingesetzt wird, sind eindimensionale Inhaltsverzeichnisse mit 64 oder 128 Einträgen ausreichend. Bei einer Festplatte mit 10 MByte und einigen hundert Dateien wird dies jedoch sehr unübersichtlich. Um hier übersichtlich zu bleiben, wurde von Xenix das Konzept der hierarchischen Verzeichnisse übernommen. In einem Inhaltsverzeichnis können Unterverzeichnisse angelegt werden, die für konventionelle Programme wie eine einzelne Diskette aussehen. ... Microsoft gibt an, daß von MS-DOS und Xenix nun die gleichen Bildschirm- und Gerätetreiber verwendet werden. Gleiche Systemaufrufe und Strukturen der Dateiverzeichnisse sowie ein ähnliches Benutzerinterface sollen eine leichte Umstellung von einer Umgebung zur anderen erlauben. Ein Bereich, in dem der Einfluß von Xenix besonders deutlich zu sehen ist, sind die sogenannten Pipes und Filter. Pipes sind Ein-/Ausgabe-Umleitungen und Programmverkettungen, Filter sind Programme, die die Ein- oder Ausgabe anderer Programme beeinflussen. In MS-DOS 2.00 kann die Eingabe für ein Programm nicht nur von der Tastatur erfolgen, sondern auch von einer Datei oder von einer Schnittstelle; ebenso kann die Ausgabe, die normalerweise auf dem Bildschirm erfolgt, beliebig umgeleitet werden. ... Die Umleitung geschieht mit Hilfe der Zeichen "<" und ">". ... Beispiele für Filter sind die Programme MORE, FIND und SORT. ... Wie diese Filter eingesetzt werden, sollen wieder einige Beispiele zeigen. Das Zeichen »I« bedeutet dabei, daß die Ausgabe eines Befehls nicht auf dem Bildschirm erfolgt, sondern auf Diskette zwischengespeichert wird und dann als Eingabe für den nächsten Befehl dient:
Es ist unmöglich, alle Erweiterungen der Version 2.00 hier zu besprechen; das DOS-Handbuch von IBM hat einen Umfang von über 750 Seiten. ... als sonst noch an wichtige Erweiterungen wurden Befehle für Stapeldateien eingebaut: IF..THEN..ELSE-, FOR..NEXT- und GOTO-Befehle, Variablen und mehr, so daß damit kleine Programme wie in einer höheren Programmiersprache erstellt werden können. Ich möchte hier noch besonders hinweisen auf Änderungsmöglichkeiten der Gerätezuordnungen (CTTY und MORE), Programme für die Datensicherung der Festplatte (BACKUP und RESTORE) und Druckerspooler (PRINT). ... Auch das Basic wurde erweitert und an die verbesserte Leistungsfähigkeit des Betriebssystems angepaßt Mit der Verbesserung von MS-DOS wurde auch der Basic-Interpreter erweitert. Zu diesen Erweiterungen gehören die Möglichkeiten der Standard-Ein-/Ausgabe-Umleitung und die Verwaltung von hierarchischen Verzeichnissen mit ähnlichen Befehlen wie unter MS-DOS. Darüber hinaus wurden einige neue Befehle für Grafikdarstellungen eingefügt und alte Befehle um neue Möglichkeiten erweitert. Wird beim Aufruf des Basic-Interpreters der Parameter /D angegeben, können die Funktionen ATN, COS, EXP, SIN, LOG, SQR und TAN auch mit doppelter Genauigkeit berechnet werden. Es sind nun größere Dateien verwaltbar, GET und PUT sind nicht mehr auf die Verwendung von Integer-Zahlen eingeschränkt, sondern können auf Datensätze im Bereich von 1 bis 16.777.215 zugreifen. MS-DOS, das Standardbetriebssystem für 8088/86-Rechner MS-DOS ist schon seit einiger Weile dabei, sich zum Standardbetriebssystem für
8088/8086- Prozessoren zu entwickeln. MS-DOS
ist mit dem IBM Personal Computer groß geworden und wird weiter mit ihm wachsen. Für den
weiteren Erfolg spricht auch die Verwendung durch viele andere wichtige
Mikrocomputerhersteller: Sirius, Wang, Digital Equipment, Texas Instruments, Heath-Zenith
und demnächst auch Osborne. Alle genannten werden in Kürze mit der Version 2.00 von
MS-DOS auf den Markt kommen. Microsofts Pläne für die Zukunft sehen eine menügesteuerte
Benutzerschnittstelle und eine Help-Einrichtung vor. Weitere Pläne beinhalten eine in C
geschriebene Multitasking-Version, Schnittstelle zu lokalen Netzen sowie verbesserte
Compiler und Dienstprogramme. |
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