Zensur im INTERNET (Sept. 1997)Zensur im INTERNET, Erotik, Sex, Pornographie, Porno, Pornographie, Pornografie,Rating-Systeme, Minderjährigen, Minderjährige, Filterprogramme, Gewalt, xxx, Frauen

    

 

http://www.glossar.de/glossar/z_zensur.htm

Zensur ist geheime Empfehlung durch oeffentliches Verbot. (Dieter Hildebrandt) 

Als Ende September 1997 das erste ­ gefälschte ­ Unfallfoto mit der sterbenden Lady Diana im Internet erschienen war, rissen sich auch renommierte internationale Medien um ein Interview mit den Betreibern der Website, die bereits kurz nach der Veröffentlichung des umstrittenen Bildes praktisch unerreichbar geworden war ­ nicht etwa wegen irgendwelcher Zensurmaßnahmen, sondern weil der Server überlastetet war.

Behördliche Maßnahmen hat der Anbieter nicht zu befürchten, da der Communications Decency Act (CDA; das amerikanische Zensurgesetz gegen "unanständige" Darstellungen im Internet) Ende Juni vom obersten US-Bundesgericht für verfassungswidrig erklärt wurde. Doch die Front der CDA-Widersacher ist gespalten: während die eine Seite der INTERNET-Freiheitskämpfer (z.B. die Global Internet Liberty Campaign und die American Civil Liberties Union) alle Eingriffe in die Entwicklung und die Verfügbarkeit von INTERNET-Angeboten weitestgehend ablehnt, sind die Initiatoren der bekannten Blue Ribbon Campaign dem Einsatz von Kontrollsystemen durchaus gewogen (siehe Ratings-filters-labelling brokem URL am 12.12.1999).

Allgemeine Einigkeit besteht darüber, daß man gegen die Anbieter von Kinderpornographie strafrechtlich vorgehen muß, deren Anteil im weltweiten Netzangebot aber verschwindend gering ist. Außerdem macht die dezentrale, internationale Struktur des Internets die Ermittlung und Bestrafung solcher Anbieter sehr schwierig, wenn nicht sogar unmöglich.


Der Paragraph 5 des deutschen Mediendienste-Staatsvertrages entbindet Internet-Service-Provider ausdrücklich von der Verantwortung für fremde Inhalte, für die sie lediglich den Zugang bereitstellen. Doch die deutschen Staatsanwälten sehen bereits ein Link zu einem gegen das deutsche Recht verstoßenden Angebot als strafbar an. In einem konkreten Fall wurde die ehemaligen PDS-Vorsitzenden Angela Marquardt brokem URL am 12.12.1999 angeklagt, die auf ihrer Homepage einen Link zu der in Deutschland verbotenen linksextremen Untergrundzeitschrift "Radikal" unterhielt. Die Klage wurde vom Amtsgericht Berlin abgewiesen, aber die in der freiwilligen Selbstkontrollvereinigung Internet Content Task Force zusammengeschlossenen Provider sperrten zeitweise den Zugang zum Provider, auf dessen Servern sich auch die "Radikal"-Seiten befanden. Nicht nur, daß damit der Zugriff auf alle anderen - unkritischen - Angebote verwehrt war, die Blockade war zudem nutzlos, da gleich nach der Sperre die beanstandeten Seiten auf andere Server umkopiert wurden.

Behördlicher Maßnahmen greifen also nicht. Statt dessen etablierten sich zahlreiche Filterprogramme für den heimischen PC, mit denen besorgte Eltern vor Ort ihren Rechner so präparieren können, daß der Zugriff auf unerwünschte Angebote lokal unmöglich wird. Allerdings haben stoßen diese Programme auch auf ihre Grenzen: so schoß der beliebte Cyber Patrol übers Ziel hinaus, als die komplette Website einer Online-Buchhandlung zensiert wurde, weil einer der zahllosen dort angebotenen Buchtitel nicht den Vorstellungen der verantwortlichen Sittenwächter entsprach.

Soweit der eigenverantwortliche Schutz von Minderjährigen; was aber, wenn solcher Art Filtersoftware auf die Allgemeinheit angesetzt wird? Zwar verlangen die Statuten der American Library Association von den Bibliotheken einen freien und ungefilterten Netzzugang, doch dies hielt Institute wie die Austin Public Library nicht davon ab, Cyber Patrol auf ihren Computern zu installieren, berichtete FOCUSonline.


Neu ist die Regulierung von Internet-Inhalten durch Rating-Systeme, wie man sie etwa von den Altersfreigaben für Kino- und Videofilme kennt. Damit können Kirchen, Universitäten oder auch Kleingartenvereine jeweils eigene Rating-Datenbanken betreiben, die dem User die Entscheidung abnehmen sollen, welche Angebote für ihn geeignet sind - oder auch nicht. Eigentlich ist es die Entscheidung des Benutzers, ob er ein Rating-System in Anspruch nehmen möchte oder nicht ­ doch tatsächlich droht eine Art von Bevormundung. So wollen Suchmaschinen wie Lycos oder Yahoo künftig nur noch Angebote verzeichnen, die sich einem "anerkannten" Rating unterzogen haben. Außerdem kann dieser Ansatz von Zensur auch auf der Ebene von Internet-Providern regeln, welche Angebote zum Anwender durchgelassen werden ­ mit dem Resultat, daß Unliebsames einfach unsichtbar wird.

Weniger demokratische Regime können so das Internet für ihre Zwecke filtern, indem sie den nationalen Providern vorschreiben, nach welchen Rating-Kriterien man Angebote überhaupt ins Land hereinläßt. Websites ohne Bewertung könnten dann komplett unterschlagen oder vorher von einer Zensurstelle geprüft werden. Kritiker wie die ACLU oder HotWired-Kolumnist Simon Garfinkel sehen darin das Ende des freien Internet nahen.


Die "Selbstreinigung des Netzes", wie sie der Nazijäger Rick Eaton vom Simon Wiesenthal Center im Juni im FOCUS Magazin (23/1997, S. 198) propagiert hat, scheint angesichts der neuen technischen Entwicklungen Wirklichkeit zu werden ­ freilich auf ganz andere Weise, als es sich die Liberalisten der Bürgerrechtsorganisationen vorgestellt haben. Nun läuft alles auf eine Regulierung des Internets hinaus ­ jenes Netzes, das die meisten Experten bis vor kurzem noch für unregulierbar hielten. Doch diesmal ziehen Regierungen, Glaubens- und Interessengemeinschaften, die Internet-Industrie und Elternvereinigungen an einem Strang. Auch Deutschland dürfte mit von der Partie sein, verlangt doch der Mediendienste-Staatsvertrag die Verfügbarkeit technischer Vorkehrungen zur Sperrung von Angeboten, die geeignet sind, "das Wohl von Kindern oder Jugendlichen zu beeinträchtigen".

Publius: Das Ende der Internet-Zensur?
(Meldung der Washington Post vom 30. Juni 2000)

AT&T Labs hat Mitte 2000 sein System "Publius" vorgestellt, das absolute Redefreiheit und Anonymität im Internet garantieren und die Online-Zensur aufheben soll. Auch mit anderen Projekten wurde bislang versucht, das Internet von Zensur und Kontrollen zu befreien, nun jedoch wird diese Bewegung durch die hochrangige Präsenz von AT&T Labs unterstützt.

Publius verschlüsselt Dateien, die danach fragmentiert und auf verschiedene Server verteilt werden. Bei Bedarf werden diese Dateien dann wieder zusammengesetzt. Durch den Einsatz von mehreren Servern wird eine Zensur extrem erschwert.

Anfänglich wird Publius eine zweimonatige Versuchsperiode durchlaufen. Bei Erfolg soll eine permanente Version des Systems erstellt werden. Internet-Experten zeigen sich bislang beeindruckt von Publius, andere, die sich mit kriminellen Aktivitäten auseinandersetzen müssen, weniger. "Wer will denn anonym sein außer beispielsweise Kriminelle, Terroristen oder Pädophile, Hersteller von Kinderpornografie, Hacker und Versender von Viren?", fragt Bruce Taylor vom "Nationalen Rechtszentrum für Kinder und Familien" (NLC).
 

Erlösung für Netzadministratoren oder Zensur durch die Hintertür?

Ein Mitarbeiter des Landeskriminalamts (LKA) Hessen hat ein Programm entwickelt, das nach "strafrechtlich relevanten" Dateien im Firmennetz sucht. Landeskriminalämter prüfen dazu Dateien im Internet und erstellen "Fingerabdrücke" der illegalen Schmuddelbilder. Mit einem Suchprogramm können dann die von den LKAs als "strafrechtlich relevant" eingestuften Dateien im eigenen Netz identifiziert und beseitigt werden. Die Software Namens "Perkeo Filescan" ist nicht ganz billig: eine Lizenz für eine ein Gigabyte große Festplatte kostet 789 Mark, 5 GB kosten 1198 Mark, die jährlichen Updates schlagen noch mal mit etwa 300 bis 350 Mark zu Buche. Das Programm stellt für Internetprovider die einzige technisch mögliche und zumutbare Möglichkeit dar, ihre Server auf illegale Schmuddelbilder zu überprüfen. Als Anwender muß man sich voll auf die Fähigkeiten und Aussagen des Programms verlassen, zu dem es derzeit keine Alternative gibt. Als Netzadministrator eines öffentlich zugänglichen Servers kommt man gemäß dem Mediendienste- Staatsvertrag kaum um die Anwendung von Perkeo Filescan herum, will man nicht mit einem Bein im Knast stehen. Infos gibt's bei der Firma Compass Informatik und Consulting GmbH, die das Programm exklusiv vertreibt, unter der Rufnummer +49 6122 800559 oder auf einem Webserver, der in wenigen Tagen online gehen soll: www.perkeo.com brokem URL am 12.12.1999

"Die Tage, in denen sich das Internet unkontrolliert als wildwuchernde globale Spielwiese entwickeln konnte, sind gezählt. Der Rasenmäher ist längst unterwegs" schreibt FOCUSonline im September 1997 - dem ist nichts hinzuzufügen.

  

 

 

  (zurück) zum Glossar:
  

Copyright: Alfons Oebbeke, Neustadt 1997-2000
Navigation ohne Frames:

 
Glossar - Homepage - Linkseite - Suchen im ARCHmatic-Web-Pool (funktioniert nur im Online-Modus!!!) E-Mail-Kontakt - Gästebuch: Ihre/Deine Meinung auf neutralem Boden bei ZDNet.de ! -AEC-WEB (funktioniert nur im Online-Modus!!!)
# A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W X Y Z