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Internet
Rogator
World Wide Web
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von
Anja S. Göritz

Lehrstuhl für Wirtschafts- und Sozialpsychologie Universität Erlangen-Nürnberg

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Text-Version:
November 1999

    

Online-Panels erleichtern die markforscherische und sozialwissenschaftliche Datenerhebung im Internet

Wenn neue Technologien am Markt eingeführt werden, kann es auf herkömmlichem Wege schwierig und teuer sein, TrendsetterInnen und Frühadopter zu erreichen (Frühadopter sind Konsumenten, die neue Produkte und innovative Technologien als erste annehmen). Im Zuge der sich stärker beschleunigenden Marktdynamik werden Informationen über neue Trends und Feedback auf erscheinende Produkte zeitnah benötigt. Mitarbeiterbefragungen bei expandierenden Unternehmen müssen echte Momentaufnahmen sein. Veränderungen der Kooperationsbereitschaft von Befragten als Resultat von Überforschung, zunehmendes Bewusstsein für die Wahrung der eigenen Privatsphäre und technische Neuerungen (z.B. unregistrierte Telefonnummern, Anrufbeantworter, Handys und Mehrfachleitungen), haben die offline Datenerhebung zu einer Herausforderung gemacht. Was Zufallsstichproben sein sollen, sind tatsächlich immer öfter Gelegenheitsstichproben. Im Zuge der weiteren Verbreitung des Internet rücken Online Panels (OP's), die einige der aufgeführten Schwierigkeiten zu entschärfen versprechen, zunehmend in den Mittelpunkt des Interesses.
 


  Was ist das Besondere an einem Online Panel?

Eine Panel-Studie im klassischen Sinne ist eine Längsschnittuntersuchung mit gleichbleibenden Untersuchungseinheiten, bei denen zu unterschiedlichen Untersuchungszeitpunkten die gleichen abhängigen Variablen erhoben werden. Bei einem OP erweitert sich dieses Verständnis: Es handelt sich bei OP's um einen Kreis von Personen, die sich bereit erklärt haben, wiederholt an online Untersuchungen teilzunehmen. Zum bisherigen Aspekt der gleichbleibenden Befragungsstichprobe gesellt sich die Verwendungsmöglichkeit als vielfältig einsetzbarer Versuchspersonenpool hinzu.
Gegenwärtige OP's ähneln stark sogenannten Access-Panels - Versuchspersonenreservoirs, über die in der offline Welt nahezu alle gewerblichen Institute verfügen. Access-Panels stellen also kein spezifisches online Phänomen dar. Das herausragende und gerade im kommerziellen Bereich attraktive Moment von Online-Access-Panels ist, dass hier die besonderen Vorteile des Netzes ausgespielt werden können. Methodisch bedeutet die Erweiterung des klassischen Panel-Ansatzes, dass aus einem Access-Panel, ob nun online oder offline, variable Stichproben im Rahmen von Querschnitt-, Trend-, Panel- und anderen Designs gezogen werden können. Mithin werden innerhalb eines OP's entweder dieselben oder unterschiedliche Untersuchungseinheiten zu denselben oder unterschiedlichen Untersuchungsgegenständen einmal oder wiederholt befragt. Problematisch bei Access-Panels ist die gestiegene Wahrscheinlichkeit des Auftretens unkontrollierbarer Paneleffekte. Im Gegensatz zum klassischen Panel, wo alle Panelisten gleich häufig mit denselben Untersuchungen konfrontiert werden, haben beim als Versuchspersonenreservoir benutzten OP die RespondentInnen jeweils unterschiedliche Geschichten an absolvierten Studien hinter sich; sie nehmen also nicht mit vergleichbaren Untersuchungsvorerfahrungen an Einzelstudien teil. Die als Folge der Modifizierung des traditionellen Panel-Ansatzes entstandene Zweigesichtigkeit von Access-Panels erfordert eine Umdefinition (oder besser Neuprägung?) von bisher ausschließlich auf Längsschnittuntersuchungen bezogenen Termini wie "Panel-Mortalität", "Panel-Welle" und "Panel".
 


  Wie funktioniert ein Online Panel?

Im Allgemeinen beginnt der Panelkreislauf damit, dass Personen im Zuge ihrer Anwerbung zur OP-Site gelangen und sich dort über ein Registrierungsformular anmelden. An dieser Stelle können zahlreiche Angaben beispielsweise zur Soziodemografie oder zu individuellen Netznutzungsgewohnheiten erfragt werden. Dieses Profil des frisch gebackenen Panelisten wird in die nachgeschaltete Datenbank übernommen. Sind genügend Panelisten vorhanden bzw. ausreichend Personen einer gewünschten Zielgruppe im OP vertreten, können diese nach vorheriger Stichprobenziehung zu Untersuchungen eingeladen werden. Um die Panelisten längerfristig im Panel zu halten, werden sie im Normalfall für ihre Teilnahme entlohnt bzw. ihre Aufwendungen kompensiert. Zum Einsatz kommen Geld, einlösbare Bonuspunkte, Lotterielose, Spendenoptionen, Produkte, Aktien, nicht-materielle Incentives oder eine Kombination davon. Es besteht noch erheblicher Forschungsbedarf zu klären, ob Ergebnisse der offline Umfrageforschung zur Wirkung von Gratifikationen auch auf OP's übertragbar sind. Bei der Entlohnung von Panelisten gilt es außerdem, ein Gleichgewicht des Erhalts der Teilnahmemotivation und der gleichzeitigen Entmutigung von Incentive-Jägern zu finden. Mit bestimmten Maßnahmen, die natürlich unterschiedlich aufwendig und teuer sind, läßt sich die Qualität von Daten aus OP-Studien verbessern. Solche Vorkehrungen können z.B. in Folgendem bestehen:

  • Zeitmessungen an Formularen,
  • regelmäßige Aktualisierung der Profildaten,
  • Nachfaßaktionen auf nicht beachtete Untersuchungseinladungen,
  • Konsistenz- und Reliabilitätsprüfungen,
  • Senkung der Panelmortalität durch Panelpflegemaßnahmen und Incentives sowie
  • Identitätskontrollen durch offline Kontaktversuche.

Was ist für den Betrieb eines typischen Online Panel an IT-Infrastruktur erforderlich?

Als Rückgrat benötigt man einen abgesicherten und leistungsfähigen Webserver und eine OP-Website mit Datenbankanbindung. Die Site ist aufgebaut aus Informationsseiten, einem Registrierungsformular für neue Panelisten und dynamisch erzeugten passwortgeschützten individuellen Bereichen. Panelisten können dort nach einem Login ihre Stammdaten aktualisieren, ihren Kontostand einsehen und ihre Prämien einlösen. Desweiteren benötigt man ein mit der OP-Datenbank kurzgeschlossenes Tool zur Stichprobenziehung und anschließend automatisierten Einladung von ausgewählten Panelisten. Solch ein Tool erledigt ebenfalls die Kontoverwaltung, die je nach Belohnungsplan die Allokation von Incentives mit einschließt.
 

virales Marketing: man mietet bei einem Free-Mail-Provider, z.B. Hotmail, einen Werbeplatz für eigene Botschaften, die an jede über diesen Provider versendete Mail angehängt wird.

  Wie zeigen sich Online Panels im Methodenvergleich?

Eine mittlerweile zum Gemeinplatz gewordene Einsicht ist: WWW-Befragungen sind stichprobentheoretisch wegen der Selbstselektion der ProbandInnen weder repräsentativ für die Allgemeinbevölkerung noch für die Population der InternetnutzerInnen. Für die meisten der gegenwärtig im Web vertretenen OP's selegieren (auswählen) sich die Panelisten selbst, so dass auch bei der OP-Population letzten Endes unbekannt ist, ob es eine nicht-identifizierbare Konfundierung (störende Wechselwirkung) der Selektionskriterien (Internet-Nutzung, Bereitwilligkeit zur Teilnahme) mit der inhaltlichen Fragestellung einer Untersuchung gibt. Durch die Nutzung verschiedener online Rekrutierungsmethoden (z.B. über Mailinglisten, Newsletter, Banner- und Intercepttechniken, virales Marketing, Mehrwertdienstleistungen und WWW-Querschnittuntersuchungen) und variable Anwerbungsorte können starke Verzerrungen gemildert werden.

Eine Validierung der Ergebnisse durch parallele und repräsentativ angelegte offline Befragungen kann punktuell Gewissheit verschaffen, ob spezifische Einflüsse des Untersuchungsmediums und/oder der Art der Stichprobenbildung gewirkt haben. Wollte man allerdings ständig (teure) offline Untersuchungen nebenher laufen lassen, würde der Sinn der Arbeit mit einem OP untergraben werden. Als für die meisten PanelbetreiberInnen kostengünstigerer Weg lassen sich zur Überprüfung der Panelzusammensetzung die Online-Strukturdaten des GFK-Monitors verwenden (http://www.medien.de/gfk/monitor/). Weiterhin ist anzumerken, dass sich bei einem OP die Panelisten zwar für das Panel als Ganzes selbst selegieren, im Allgemeinen aber nicht für Einzeluntersuchungen.
Für individuelle Studien stellt das OP lediglich die Erhebungsgesamtheit dar und Panelisten werden zufallsgeleitet aus der Panelpopulation ausgewählt. So kann sich das altbekannte Phänomen der Selbstselektion lediglich auf der ersten (aber wichtigsten) Rekrutierungs-Stufe durchschlagen. Ein bewusst vollzogener Medienbruch bei der Anwerbung der Panelisten kann ein Ausweg aus der Repräsentativitätsproblematik sein. Die Rekrutierung der TeilnehmerInnen erfolgt in diesem Fall per repräsentativer offline Zufallsstichproben (z.B. mittels CATI). Ein solches OP kann den Anspruch erheben, repräsentativ für den aktuellen Stand der Online-Nutzerschaft zu sein. Darüberhinaus wäre ein solches offline angeworbenes OP, dessen TeilnehmerInnen weitere Zugangsinformationen per Post zugestellt bekommen, nahezu frei von MehrfachteilnehmerInnen und Falschangaben bezüglich der Identität der Paneleinheiten (Postadresse, E-Mail-Adresse, Telefonnummer). Aus einem bestehenden OP, egal ob online oder offline rekrutiert, können für Einzelstudien dann Zufallsstichproben z.B. geschichtete Stichproben gezogen werden.
Schichtstichproben modellieren die bekannte Merkmalsverteilung in der jeweils interessierenden Grundgesamtheit. Fungiert ein gesamtes OP als Stichprobe für nur eine Längsschnittstudie, so kann auch das komplette Panel eine Schichtstichprobe dieser nachzubildenden Grundgesamtheit, z.B. die relativ stabile Belegschaft eines Betriebes, sein. In diesem Fall handelt es sich um ein statisches OP. Das Pendant stellt ein rotierendes OP dar, bei dem eine stetige Nachanpassung an eine sich rapider verändernde Grundgesamtheit (z.B. die Online-Gemeinde) erfolgt. Das geschieht unter Wahrung der Strukturequivalenz durch Nachrekrutierung frischer und Ausstoßung überalterter Panelisten. Einschränkend soll bemerkt werden, dass Stratifikationsmerkmale zur Sicherung generalisierbarer Ergebnisse Relevanz für die Fragestellung besitzen müssen und die Größe der durch die Schichtung gebildeten Teilpopulationen bekannt sein sollte. Üblicherweise können aber nur leicht erkennbare z.B. demografische Merkmale zur Schichtung herangezogen werden, andere Informationen über die Grundgesamtheit liegen häufig nicht vor oder sind nicht aktuell.
 


  Welche Vorteile bieten Online Panels?

Neben flexiblen Untersuchungsdesigns und der möglichen Entspannung der Repräsentativitätsproblematik bieten OP's weitere methodische und vor allem ökonomische Vorteile gegenüber offline Untersuchungen einerseits und online Studien mit Neurekrutierten andererseits: Die wohl größte Verheißung von OP's besteht darin, das Potential des Trägermediums Internet auszunutzen: Forschungsfragen können sehr schnell und vergleichsweise preiswert mit großen Stichproben beantwortet werden. Desweiteren kann davon ausgegangen werden, dass die Teilnahmebereitschaft und damit die Antwortrate höher ist als bei Studien mit jeweiliger Neurekrutierung von ProbandInnen. Die Profildaten der Panelisten sind bekannt, weswegen je nach Fragestellung ohne ökomisch aufwendiges Screenen großer Bevölkerungsteile bestimmte Zielstichproben gezogen werden können (z.B. verwitwete Frauen über 45 Jahre). Im Bedarfsfall sind solche Populationssegmente rasch (aber nicht unbedingt kostengünstig) mittels zugeschnittener Rekrutierungskampagnen dem Panel zuführbar. Da sowohl die Profildaten als auch die Daten aus früheren Studien vorliegen (Panelisten-History), kann man sich bei Fragebögen auf die wirklich notwendigen Items beschränken. Im Gegensatz zu frei im Netz stehenden Untersuchungen ist genau ermittelbar, wie hoch die Nonresponse-Rate ist und - da ja bekannt ist, welche Personen mit welchen bisher erhobenen Kenndaten nicht teilgenommen haben - inwiefern die Stichprobe durch Ausfälle verzerrt ist. Um als Mehrfachregistrierte im OP unentdeckt zu bleiben, ist ein vielfach größerer Täuschungsaufwand von Nöten als beispielsweise bei Einmal-Untersuchungen. Als weitere allgemeine Vorteile des Mediums, die natürlich auch OP's genießen, sind zu nennen:

  • die Möglichkeit, große und heterogene Stichproben zu untersuchen,
  • Flexibilität bezüglich des Untersuchungsortes und der Untersuchungszeit und damit verringerte Intrusivität der Forschung (Intrusivität: wenn etwas sehr invasiv ist, also in das Leben, die Privatsphäre, stark eingreift oder sie stört),
  • Filterführung,
  • Inputvalidierung in Echtzeit,
  • breiteres Stimuluspotential durch Einbindung multimedialer Elemente,
  • Konstanthaltung von Versuchsleitereffekten,
  • Erleichterung transkultureller Untersuchungen,
  • Überwachung von RespondentInnen durch Mitprotokollierung,
  • Fehlerreduktion durch automatisiertes Datenhandling und
  • Vermeidung von Reihenfolgeeffekten durch zufällige Item- und Disktraktorfolgen.

Wie geht es weiter?

Obwohl OP's derzeit wie Pilze aus dem Boden sprießen, liegen noch keine systematischen Methodikstudien vor. Erfahrungsberichte von kommerziellen OP's werden aus bekannten Gründen nur zögernd der Öffentlichkeit zugänglich. Man darf gespannt sein, was in nächster Zeit für Forschungsergebnisse zu dieser vielversprechende Methodik erzielt werden. Wer sich ein Bild von einem exemplarischen OP machen möchte und/oder PanelistIn werden mag, kann dies beim TPanel http://www.tpanel.com - einem Forschungsprojekt der Universität Erlangen-Nürnberg - tun.

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