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Der Alpha-Chip ist / war eine alternative Prozessortechnologie, die Anfang der 90er Jahre
von DEC (Digital Equipment Corp.)
vorgestellt und 1998 von Compaq - incl. der ganzen Firma - übernommen wurde.Rückblende:
Es war ein Paukenschlag, angekündigt von leisen Marketing-Trommelwirbeln: die
offizielle Vorstellung des Alpha-Chips von Digital Equipment 1992. Damit wollte der
DEC-Konzern Signale für seine Technologieausrichtung in den nächsten Jahrzehnten setzen.
Dies war auch sehr notwendig geworden, betrachtete man die Umsatz- und Gewinnentwicklung
der letzten Monate und Jahre. Sicher sahen der DEC-Gründer und -Chef Kenneth H. Olsen und
seine Leute im Alpha-Prozessor mit seinem in die Zukunft weisenden Leistungs-Potential
nicht weniger als eine Wunderwaffe im Kampf um Marktanteile:
Der RISC-Chip mit seiner
64-Bit-Struktur sollte das Traditionsunternehmen aus Massachusetts nämlich nicht nur in
die erste Linie der Chip-Hersteller katapultieren; er sollte das Haus auch aus der
proprietären VAX- und VMS-Enge befreien und mit seiner "völlig offenen"
Architektur eine Bresche in den freien Markt schlagen.
Der Alpha hatte die Konkurrenz aufgeschreckt. Das zeigten eilends verbreitete
Mitteilungen wie etwa die des Erzrivalen Hewlett-Packard,
"man habe jetzt auch schon einen Risc-Chip mit immerhin 100 MHz Taktfrequenz und mehr
als 120 Specmarks im Programm". Intel signalisierte ebenfalls, "man wolle jetzt
nicht nur den avisierten 586 raschestens vorstellen (später 'Pentium'
genannt), sondern binnen Jahresfrist auch den Nachfolge-Top-Chip P6 beziehungsweise 686
(aus dem der 'Pentium PRO' wurde). Für eine Weiterentwicklung unter dem Arbeitstitel P7
gebe es überdies konkrete Ideen". Auch diese Hals-über-Kopf-Reaktion von Intel
zeigte, wie ernst die Konkurrenz DEC genommen hat.
Der neue Chip sollte nicht nur die Wachstumswünsche der etablierten VAX-Kunden
befriedigen, sondern auch das Spektrum vom PC bis zum Supercomputer abdecken. Alpha-Lizenzen
sollten an weitere Chip-Hersteller vergeben werden; auch sollten Produzenten einzelner
Platinen und kompletter Systeme - so erhofften sich das die DEC-Leute - auf allen
Integrationsebenen Alpha-Produkte samt der zugehörigen Betriebssysteme und Compiler etc.
einsetzen. Auf daß sich in einem Leistungsbereich weit oberhalb der damaligen, mehr oder
weniger offen lizenzierten und kopierten Chips beziehungsweise Architekturen (Intels
X86er-Reihe, Suns Sparc Mips Prozessoren-Linie) ein massiver Trend in Richtung Alpha
einstellen möge.
Alpha war laut DEC so konzipiert, daß z.B. Unix-Programme ebenso eingesetzt werden
können wie herkömmliche VMS-Software. Damit offerierte Olsen seinen rund 500 000
VMS-Anwendern einen Wachstumspfad. Außerdem war Alpha auch offen für andere
Betriebssysteme etwa Windows NT, und für andere
Sprachen beziehungsweise Compiler.
Die Architektur zielte im übrigen auf die existierenden Mehrprozessor-Systeme sowie auf
künftige, massiv parallele Computersysteme höchster Leistungsklassen. Der 64-Bit-Prozessor
wies ein Entwicklungspotential auf, das Leistungs-Zuwächse bis zu einem Faktor tausend
erlauben sollte. Damit habe man, so die Meinung bei DEC, wohl rund ein Vierteljahrhundert
weiterer Entwicklungen der Computer-Technik antizipiert.
Olsens Unternehmen begründete die erwartete Langlebigkeit von 25 Jahren der Alpha-Architektur
vor allem mit deren RISC-Charakteristika und der Wortbreite von 64 Bit.
DEC hatte damit folgende Anwendungen im Auge:
- komplexes CAD,
- Programme für die Meteorologie,
- das Modellieren neuer Moleküle.
Dies waren - und sind immer noch - alles Anwendungen, die an die technischen Grenzen
herkömmlicher 32-Bit-Systeme stießen. Auch schielte man von Anfang an nach Multimedia-Anwendungen,
die gleichfalls immense Volumina an Daten zu bearbeiten haben.
Der erste konkrete Alpha-Chip für den freien Markt trug übrigens die Bezeichnung
21064 und das Unternehmen spezifiziert ihn als 150-MHz-Baustein, der im Labor allerdings
vielfach auch schon 200 MHz erreichte. Er arbeitet mit der niedrigen Spannung von 3,3 Volt
und vereint knapp 1,7 Millionen Transistorfunktionen.
Der luftgekühlt betriebene Chip war intern mit drei Metallisierungsebenen versehen, also
sehr komplex strukturiert; und ein hoher Anteil seiner Transistoren entfiel auf
Logik-Schaltungen, die ja erheblich schwieriger einzurichten sind als simple
Speicherblöcke. Der Prozessor wies zudem intern eine siebenstufige Pipeline für die
Verarbeitung von Ganzzahl-Befehlen sowie eine zehnstufige für Gleitkomma-Instruktionen
auf. Gleichzeitig dienten weitere Rechenwerke der Adreß- und der Verzweigungs-Berechnung.
Daher konnte der Chip mit seinen kompakten 750-Nanometer-Strukturen 300 MIPS
beziehungsweise 150 MIPS erreichen. Oder auch, anderes gerechnet, 100 beziehungsweise -
bei 200 MHz - 150 Specmarks.
Der neue Prozessor wies laut DEC je nach Betrachtungsweise zwischen 120 und 160
Maschinenbefehle beziehungsweise Befehlsvarianten auf und sollte damals jenen Bereich
abdecken, der oberhalb von 80 Specmarks begann. (Damalige High-End-Prozessoren ereichten
maximal 80 Specmarks, etwa der Typ R 4000 von Mips - der Firma die zu Silicon Graphics
gehörte).
Bei RISC-Prozessoren beziehungsweise bei Maschinen mit deutlichen RISC-Merkmalen spielt
die Qualität des jeweiligen Compilers eine besondere Rolle, denn er muß jeweils eine
effizient bearbeitbare Abfolge von Maschinenbefehlen herstellen. Hierfür hatte DEC ein
Compilersystem entwickelt, das sich aus sogenannten Frontend- und Backend-Komponenten
zusammensetzt. Das System sollte nicht nur "eine große Breite von Sprachen wie etwa
auch Cobol" abdecken, sondern war überdies so ausgelegt, daß man auch
fehlertolerante sowie Echtzeitsysteme auf Basis von Alpha einrichten konnte. Das
betriebssystemneutrale Konzept Alpha war auch insofern ein offenes System, als man diesen
Prozessor in einer ganzen Reihe unterschiedlicher Systembus-Umgebungen wie etwa
Turbochannel, EISA, Futurebus und anderen einsetzen könne. Alpha sollte, so das
hochgesteckte Ziel des einstigen Mini-Marktführers, "ein Weltstandard werden".
DEC stellte ab Anfang 1993 Alpha-Systeme in größeren Stückzahlen her. Chips kosteten
übrigens in Kleinstmengen pro Stück knapp 3400 Dollar kosten, bei Abnahme von mehr als
1000 Exemplaren in des nur 1500 bis 1600 Dollar.
In den Folgejahren konnten Apha-Chips immer wieder Geschwindigkeits-Rekorde brechen;
auf breiter Front etablieren konnte sich die Chip-Architektur allerdings nicht.
Konzentration auf Linux-Supercomputer
(Meldung vom Mai 2000)
Compaq will den von DEC
übernommenen Alpha-Chip künftig verstärkt im Bereich der Supercomputer einsetzen. Zusammen mit dem
Karlsruher Universitäts Spin-off Partec und dem Vertiebspartner Delta werde man Cluster-Lösungen von acht bis hundert
Alpha-Prozessoren für HPTC (High Performance Technical Computing) anbieten.
Die Hardwaregrundlage für den Alpha-Verbund liefert Myrinet, als Betriebssystem kommt Linux
zum Einsatz. "Egal wo sie hingehen, jede Firma zeigt sich von Linux begeistert,
erklärte der Partec-Manager Bernhard Frohwitter. "Bislang können wir schon mehrere
hundert Aufträge vorweisen", berichtete der Compaq-Manager Harald Meier-Fritsch. Bei
einem Preis von 250.000 Dollar für eine einzige auch Beowulf genannte Lösung kein
Pappenstil.
An der Bergischen Universität in Wuppertal etwa existiert bereits ein Cluster mit 64
Alpha-Chips, die mittels einer sogenannten Fat Tree Topologie von Myrinet vernetzt wurden.
Das Netzwerk besitzt eine Peakrate von 1,28 GBit/s. Dem Benutzer steht nun eine Netto-Datentransferrate
von 150 MByte/s zur Verfügung. In den kommenden Wochen soll die Leistung verdoppelt
werden - was das stärkste Linux-Cluster in Deutschland ergeben würde.
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Compaq spezifiziert neuen Supercomputer:
2500 mal 1 GHz oder 2000 mal 1,25 GHz
(Meldung vom März 2000)
Zur CeBIT 2000 kündigte Compaq einen neuen Supercomputer mit 2000 Alpha-Chips auf
Kupferbasis und jeweils 1,25 GHz an. Alternativ könnten 2500 Aluminium-Prozessoren mit
jeweils einem GHz genutzt werden.
Zum Einsatz sollen die neusten "EV6" genannten Alpha-Prozessoren kommen, die mit
der 0,18-Mikron-Technik gefertigt wurden. Die ersten EV6-Chips wurden noch mit 0,35-Mikrometer-Abständen
gefertigt.
Einen entsprechenden Auftrag hat die französische Kommission für Atomenergie (CEA)
erteilt. Mit fünf Billionen Operationen pro Sekunde soll er der schnellste Rechner der
Welt werden. Er läuft mit dem hauseigenen Betriebssystem Tru64, das ein Cluster-Filesystem
(siehe Rechner-Cluster) und die
parallele Datenverarbeitung der Alpha-Prozessoren koordiniert. Stark vereinfacht handelt
es sich um einen Zusammenschluss gleich mehrerer Supercomputer, die durch ein
gemeinschaftlich von Compaq und dem italienischen Spezialisten Quadrics Supercomputers
World entwickeltes Netz miteinander verbunden sind.
Die Implementierung des Mainframes wird von Compaqs Integration Centre in Annecy,
Frankreich, übernommen. Ende 2001 soll der Rechenriese die Arbeit aufnehmen können.
Zum Vergleich: Im November 2000 soll(te) der zunächst mächtigste Rechner Europas im
Amsterdamer Zentrum für angewandte Forschung (siehe
auch) den Betrieb aufnehmen und eine Billion Berechnungen pro Sekunde leisten.
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Compaq und Samsung wollen DEC-Prozessor
aufmöbeln
(Meldung vom Dezember 1999)
Compaq und Samsung Electronics werden 500 Millionen Dollar in die Weiterentwicklung des
Alpha-Prozessors stecken. Gefertigen werden sollen die überarbeiteten Chips, die dann vor
allem im Netzwerk-Markt zum Einsatz kommen werden, die Firma "Alpha Processors"
mit Sitz in Concord, Massachusetts, an der Samsung mit 87 Prozent die Mehrheit hält.
Erst Ende November war durch eine Pflichtveröffentlichung bekannt geworden, dass Compaq
die Entscheidung vom August, den Alpha-Chip
nicht mehr für Windows NT auszulegen, 250 Millionen Dollar gekostet hat. Diese Summe wird
für den Umstieg auf andere Systeme wie Linux, True64
Unix und OpenVMS fällig.
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Kein Windows
mehr in Alphas
(Wall Street Journal, 30. August 1999)
Compaq hat bekanntgegeben, dass die Computer des Unternehmens, die auf Alpha-Chips
basieren, die zukuenftigen Versionen des Windows-Betriebssystems von Microsoft nicht
unterstuetzen werden. Obwohl die Alpha-PCs auch weiterhin mit Windows NT ausgeliefert
werden koennen, werden die zukuenftigen Windows-Versionen Windows 2000 und 64-bit Windows
auf den Alpha-Rechnern nicht verfuegbar sein. Die Ankuendigung von Compaq zeigt, dass die
Alpha-Linie sich niemals zu einem Mainstream-Produkt entwickeln wird. Nach Angaben des
Compaq-Mitarbeiters Bill Heil ist diese Entscheidung zum Alpha-Prozessor auf Anfragen von
Kunden und Partnerunternehmen zurueckzufuehren, die Compaq aufgefordert haetten, Strategie
und Angebote zu vereinfachen. Heil wies auch darauf hin, dass auf nur zwei Prozent der
verkauften Alpha-Rechner Windows installiert sei. Compaq hatte sich in letzter Zeit mit
dem Alpha auf das Betriebssystem Unix konzentriert. Unterdessen beruecksicht Microsoft bei der Entwicklung von
Windows in erster Linie Prozessoren von Intel. |
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